Auch wenn die US-Politik unter Donald Trump Risiken birgt: Die stabile Konjunktur und robuste Fundamentaldaten sprechen aus Sicht von Thomas Fischli-Rutz, Head Emerging Markets bei Fisch Asset Management, für Renditepotenzial bei Unternehmensanleihen aus den aufstrebenden Volkswirtschaften. Nicht jede Region und Branche ist jedoch gleichermassen interessant.
Im Vorfeld seiner Amtseinführung hatten allein Donald Trumps Social-Media-Posts das Potenzial, die Kapitalmärkte durcheinanderzuwirbeln. Seit dem 20. Januar ist Trump nun offiziell der 47. US-Präsident der Vereinigten Staaten – und seine politische Agenda könnte zu einer Neuordnung der globalen Handelsbeziehungen führen. Diese dürfte auch auf die Schwellenländer spürbare Auswirkungen haben und gerade auch für Unternehmensanleihen aus den aufstrebenden Volkswirtschaften Risiken, aber auch Chancen mit sich bringen.
Die erwartete protektionistische US-Handelspolitik könnte die Fragmentierung der globalen Lieferketten beschleunigen. Grosse Verlierer wären China und eng mit dem Land verknüpfte Volkswirtschaften wie Taiwan oder Hongkong. Andere Länder könnten wiederum die Lücke füllen und von der Verschiebung der Lieferketten profitieren. Dazu zählen aus unserer Sicht Indien, Indonesien und Vietnam, aber auch osteuropäische Schwellenländer wie Polen und Rumänien.
Daneben haben die von Donald Trump angekündigten Zölle den US-Dollar deutlich ansteigen lassen. Ein stärkerer US-Dollar belastet klassischerweise das Sentiment gegenüber Schwellenländeranleihen, da US-Investments relativ gesehen interessanter werden. Wir sind aber der Meinung, dass ein Grossteil der Erwartungen bereits eingepreist ist. Das heisst im Umkehrschluss: Kommen die Zölle in geringerem Ausmass oder bleiben nur auf bestimmte Güter beschränkt, kann sich dies positiv auf das Segment auswirken.
Schwellenländer immer bedeutender
Die Schwellenländer reifen immer mehr zu emanzipierten Staaten. Ihre vereinte Wirtschaftsleistung wird Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge 2025 ohne Berücksichtigung Chinas erstmals das kombinierte Bruttoinlandsprodukt der G7-Industrieländer übertreffen. Die Experten erwarten für die Schwellenländer dieses Jahr ein Wachstum von 4.2 Prozent im Vergleich zu lediglich 1.8 Prozent für die Industriestaaten.
Für Investoren besitzen die Schwellenländer angesichts ihrer zunehmenden Reife einen höheren Stellenwert als in der Vergangenheit. Sie werden immer mehr zur interessanten Alternative für globale Anleger, um ein Konzentrationsrisiko in den USA oder in Europa zu vermeiden. Einen Blick wert sein könnten vor diesem Hintergrund Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern, die aktuell robuste Fundamentaldaten aufweisen. Mit einem Nettoverschuldungsgrad von 0.9x für Investment-Grade-Emittenten und 2.4x für High-Yield-Emittenten sind die Kreditkennzahlen weiterhin aussergewöhnlich gut. Dies spiegelt sich auch in niedrigen Ausfallraten wider: Sie werden 2025 bei 2.7 Prozent erwartet – und damit unter dem langjährigen Durchschnitt von 4.4 Prozent.
Gemischtes Bild in Lateinamerika
Auf regionaler Ebene zeigte Lateinamerika im vergangenen Jahr ein stabiles Wachstum. Auf Länderebene war das Bild jedoch unterschiedlich: Während sich in Mexiko eine Konjunkturverlangsamung abgezeichnet hat, ist Brasilien – nicht zuletzt dank grosszügiger Haushaltspolitik – erneut um knapp 3 Prozent gewachsen. Der dortige Zinserhöhungszyklus dürfte allerdings zu einem leichten Wachstumsrückgang führen.
Die Region bietet insbesondere im Hochzinssegment eine sehr breite Diversifizierung und eine gute Auswahl an bonitätsstarken Unternehmensemittenten über alle Branchen und Ratingkategorien hinweg. Die Unterschiede in den lokalen Wirtschaftszyklen erlauben zudem ein aktives Management und bringen Alphapotenzial mit sich.
Usbekistan und Türkei interessant
Die Region Mittel- und Osteuropa, Nahost und Afrika präsentiert sich ebenfalls äusserst heterogen und bietet daher ebenso viele Möglichkeiten zur Diversifikation. Wir setzen unter anderem auf defensive Finanztitel aus Osteuropa, halten Usbekistan für interessant und erhöhen unser Engagement in der Türkei. Dort wurden seit der Ernennung von Mehmet Şimşek zum Finanzminister im Jahr 2023 Massnahmen zur Inflationsbekämpfung, zur Stärkung der Zentralbank und zur Wiederherstellung des Marktvertrauens eingeführt. Der teure türkische Lokalmarkt hat zu einem Überhang an US-Dollar-Emissionen geführt und mittlerweile handeln auch solide Unternehmen mit grosszügigen Risikoaufschlägen.
Vorsicht in China, Chancen in Indien und Indonesien
Für China erwarten wir, dass sich das Wirtschaftswachstum strukturell bedingt weiter abschwächt. Zwar hat auch die chinesische Zentralbank (PBoC) einen Lockerungszyklus begonnen. Die kürzlich angekündigten, umfassenden monetären Massnahmen werden die strukturellen Probleme jedoch kaum beheben. Für eine Verlagerung der Wachstumstreiber in Richtung Konsum sind grundlegende Reformen wie ein Ausbau des Rentensystems nötig. Kurzfristig kann das geschlossene Handeln auf geldpolitischer und staatlicher Ebene aber zumindest den Vertrauensverlust stoppen.
In Asien ausserhalb Chinas erwarten wir für viele Volkswirtschaften weiterhin ein hohes Wachstum. Wir setzen bevorzugt auf Länder, die wie Indien und Indonesien von einer starken Binnenwirtschaft profitieren. Diese sind einer möglichen Eskalation des Handelsstreits zwischen China und den USA weniger ausgesetzt.
Positive Renditeerwartungen
Insgesamt haben sich Unternehmensanleihen aus Schwellenländern in den vergangenen zehn Jahren zu einer etablierten Anlageklasse entwickelt, die zur Diversifikation des Portfolios beitragen kann. Vor dem Hintergrund einer möglichen geldpolitischen Lockerung in den entwickelten Volkswirtschaften sowie einem stabilen Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern erwarten wir positive Renditen im höheren einstelligen Bereich. Die Performancetreiber sind nominale Renditen auf historisch hohen Niveaus und entsprechender Carry, ein aktiver Primärmarkt mit einem hohen Anteil an Erstemittenten sowie die unterschiedlichen regionalen und sektoriellen Entwicklungen, die in verschiedenen Szenarien Möglichkeiten zur Schaffung von Alpha bieten.
