Nach der Wahl –Ausblick für Brasilien: Bolsonaros nächste Schritte
Mit der Wahl von Jair Bolsonaro vermied Brasilien aus Marktsicht das Worst-Case-Szenario einer möglichen Rückkehr der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores/PT, die Partei der amtsenthobenen Dilma Rousseff und des inhaftierten Luiz Ignacio Lula da Silva) an die Macht. Uns stellt sich nun die Frage, was die Bolsonaro-Administration wirklich erreichen kann. Vor dem neuen Präsidenten liegen viele Herausforderungen, da das Land gerade aus einer Rezession kommt und das Haushaltsdefizit zu den höchsten in denSchwellenländernzählt. Generell wird 2019 für Brasilien ein schwieriges Jahr mit Reformen und möglichem Druck von aussen. Allerdings schlägt Brasilien mit den bisherigen Massnahmen Bolsonaros aus unserer Sicht vorerstdie richtige Richtung ein.
Daher schätzen wir Brasilien positiv ein und konzentrieren uns auf die Unternehmen, die von der neuen Regierungprofitieren sollten. Klare Gewinner dürften halbstaatliche Unternehmen wie Petrobras und Bancodo Brasil sein, die, auch wenn sie nicht privatisiert werden, mit weniger staatlicher Einmischung zur rechnen haben. Gewinner im Privatsektor dürften Unternehmen sein, die vom Binnenmarkt abhängig sind, darunter lokale Banken und Unternehmen mit Infrastrukturbezug wie Votorantim. Diese Firmen dürften von zunehmendem Anlegervertrauen profitieren. Auch wenn die Exportunternehmen weiterhin stärker von der globalen Nachfrage abhängig sein dürften und ein stärkerer Brasilianischer Realein möglicher Belastungsfaktor ist, wird die makroökonomische Stabilität sie stützen.
Wir beobachten ständig die Situation, und es gibt einige wichtige Themen, die wir genau verfolgen:
Kabinettsbildung
In Anbetracht des (zugegebenermassen) mangelnden Wissens von Bolsonaro in Wirtschaftsfragen überlässt er hier seinem Finanzminister Paulo Guedes die Zügel. Guedes ist ein marktfreundlicher Ökonom der University of Chicago. Obwohl er recht akademisch wirkt und kein politisches Kapital hat, hat er anscheinendein kompetentes Team zusammengestellt, dem u.a. Roberto Campos als Leiter der Brasilianischen Zentralbank (BCB) und als Zeichen lobenswerter Kontinuität der bisherige Finanzminister Mansueto Almeida angehören werden. Allerdings muss die Entwicklung um Bolsonaro und sein Wirtschaftsteam genau beobachtet werden, denn er muss die politischen Folgen einiger Liberalisierungsmassnahmen steuern.
Rentenreform
Brasilien kommt gerade aus einer tiefen Rezession und hat ein problematisches Haushaltsdefizit. Daher wirdeine (gut umgesetzte) Rentenreform für die Erreichung von Haushaltsstabilität entscheidend sein. Bolsonaro betont die Bedeutung eines ausgeglichenen Haushalts. Dies ist gut, doch die Umsetzung wird nicht im Handumdrehen erfolgen. Mancher hoffte noch auf eine Verabschiedung der Reform im Jahr 2018, doch sie wird erst 2019 kommen. Es stellt sich die Frage, welche Art von Entwurf eingebracht wird und ob Bolsonaro ausreichend politisches Kapital besitzt, um eine solch umstrittene, aber wichtige Reform durchzubringen.
Sonstige wirtschaftliche Veränderungen
Hierzu zählen die Herstellung der Unabhängigkeit der BCB (voraussichtlich eine relativ leichte Aufgabe, die möglicherweise noch 2018 angegangen wird) und die mögliche Privatisierung halbstaatlicher Unternehmen. Bei bestimmten Objekten wie z.B. Teilen von Eletrobras dürfte die Privatisierung wahrscheinlicher sein als bei anderen, die strategische Bedeutung haben wie Petrobras. Ob Bolsonaro imstande ist, bestimmte Änderungen durchzubringen, wird seine Regierungsfähigkeit zeigen.
Koalitionsbildung
Die Fähigkeit Bolsonaros, Gesetze durch den Kongress zu bringen, ist noch fraglich. Verfassungsänderungen, die für die Rentenreform und sonstige wirtschaftliche Änderungen nötig wären, müssen vom Kongress verabschiedet werden. Obwohl Bolsonaros Partei (PSL) ein gutes Ergebnis erzielte und viele Sitze errang, gibt es im Kongress immer noch 30Parteien, und es sind Bündnisse erforderlich, um die Hürde zu überwinden. In Anbetracht der Struktur des Kongresses, ist es auf jeden Fall möglich, Gesetze zu verabschieden, aber dies wird nicht einfachsein und wird von der Fähigkeit Bolsonaros zur Bildung einer Koalition abhängen.