High-Yield-Anleihen und Inflation: sicherlich kein „Dealbreaker“



Die Inflation mag nicht von Dauer sein – ihre Wirkungsmechanismen sollte man aber dennoch kennen

Über die Inflation und ihre möglichen Auswirkungen auf die Finanzmärkte wird momentan viel geredet. Die Ausweitung der Haushaltsdefizite und die Politik der Notenbanken haben zu einem rasanten Anstieg der Geldmenge geführt. Sachwerte – von Rohstoffen über Aktien bis hin zu Immobilien – konnten fast überall auf der Welt kräftige Wertsteigerungen verbuchen, besonders in den letzten zwölf Monaten. Das Lohnwachstum ist noch relativ schwach, doch es gibt bereits Anzeichen für eine zunehmende Verknappung von Arbeitskräften in bestimmten Branchen und Bereichen des Arbeitsmarkts. Dies könnte das nächste grosse Thema werden, das für Aufregung sorgt. Dennoch haben die Notenbanken die Marktteilnehmer weitgehend davon überzeugt, dass ein möglicher Inflationsschub nur temporär wäre und keinen grösseren Einfluss auf die Marktpreise hätte. Wir für unseren Teil werden das Spekulieren darüber, ob uns dauerhaft höhere Inflationsraten erwarten, den Ökonomen überlassen. Stattdessen wollen wir uns darauf fokussieren, die unmittelbaren Erfahrungen zu erörtern, die der High-Yield-Markt in der Vergangenheit mit der Inflation gemacht hat. Sodann werden wir den Blick auf die Auswirkungen höherer Zinsen auf den Markt für Hochzinsanleihen richten, denn bei einem Anstieg der Inflationsraten würden wohl auch die Zinsen ansteigen.

Auswirkungen der Inflation auf die Unternehmensgewinne

Wir wollen zunächst die Entwicklung der Unternehmensgewinne betrachten. In Zeiten der Inflation war in der Vergangenheit meist ein Anstieg der Gewinnmargen zu verzeichnen, da es für die Firmen in solchen Phasen leichter war, ihre Preise zu erhöhen. Kostensteigerungen konnten dann mehr als wettgemacht werden. Die nachstehende Abbildung verdeutlicht, dass die Gewinnmargen in Zeiten, in denen der Verbraucherpreisindex (CPI) über 2% liegt, tendenziell steigen.

 

Abbildung 1: Die Gewinnmargen der Unternehmen steigen zusammen mit der Inflation

Quelle   Bloomberg, Barclays Research

 

Die Globalisierung hat diese Entwicklung begünstigt. So ist der Anteil des Welthandels an der globalen Wirtschaftsleistung zwischen 1970 und 2019 von 27% auf 60% gestiegen und hat sich damit mehr als verdoppelt1. Dieser Trend wird sicher nicht mit der gleichen Intensität anhalten, und insofern ist für die Zukunft nicht unbedingt mit den gleichen deflationären Effekten zu rechnen. Nichtsdestotrotz sind die Gewinnmargen also zumindest ein Aspekt, auf den wir angesichts der bisherigen Erfahrung etwas entspannter blicken können.

Betrachten wir zudem die Gewinnmargen für die einzelnen Branchen, so zeigt sich im Bereich Energie, Grundstoffindustrie und Investitionsgütern eine positive Korrelation mit einem Anstieg des Verbraucherpreisindex. Dies gilt sowohl für den aktuellen Zeitraum als auch ein Jahr in die Zukunft. Auf die drei genannten Sektoren entfallen 14%, 9% beziehungsweise 5% des globalen Index für Hochzinsanleihen. Überdies stimmt die High-Beta-Charakteristik des Energiesektors optimistisch für die Margen im High-Yield-Universum. Für eher wahrscheinlich halten wir eine negative Margenentwicklung in Branchen, in denen die Aufwendungen für Löhne und Gehälter einen hohen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen, wie in der Gastronomie und einigen Bereichen des Einzelhandels. Da diese Branchen im High-Yield-Universum vergleichsweise unbedeutend sind, erscheint uns dieses Risiko überschaubar. Von daher bereiten uns ein möglicher Druck auf die Margen infolge einer höheren Inflation und eine dadurch bedingt negative Bonitätsentwicklung keine übergrosse Sorge.

Dennoch muss uns als High-Yield-Investoren bewusst sein, dass wir es mit asymmetrischen Renditeprofilen zu tun haben, sprich, die Risiken sind grösser als die Chancen. Demnach schadet uns das Halten von „Verlierern“ wesentlich mehr, als uns das Halten von „Gewinnern“ nützt. Selbst bei insgesamt steigenden Gewinnmargen gibt es daher natürlich auch Emittenten, die unter höheren Inflationsraten leiden. Viele stark von den Rohstoffpreisen abhängige Unternehmen haben Vereinbarungen über eine Weitergabe von Preissteigerungen getroffen, doch diese greifen häufig erst mit zeitlicher Verzögerung (oft von drei Monaten). Wir benötigen die Gewissheit, dass ein Unternehmen in dem Zeitraum bis zum Wirksamwerden der Weitergaberegelung nicht zahlungsunfähig wird – die Meidung solcher „Verlierer“ ist von grösster Bedeutung, da es äusserst schwierig ist, mögliche Verluste mit solchen Positionen durch die gezielte Auswahl von „Gewinnern“ auszugleichen.

 

Abbildung 2: Margen ggü. Verbraucherpreisindex nach Sektor

Quelle   Barclays “Tuesday Credit Call” 20. April 2021 Shobhit Gupta, Duoduo Chen

 

Auswirkungen der Inflation auf die High-Yield-Anlageklasse

Wir wollen nun aus einer anderen Perspektive auf das Thema blicken und nur die historischen Überrenditen untersuchen (die Überrendite ist die Rendite nach Abzug der Komponente, die auf Zinsänderungen zurückzuführen ist). Ein Vergleich unterschiedlicher Inflationsszenarios führt zu dem Eindruck, dass ein Anstieg der Inflation den High-Yield-Markt ebenfalls nicht vor übermässige Probleme stellt. Zwar sinken die Überrenditen bei überdurchschnittlich hoher und weiter steigender Inflation, doch die mit Abstand schlechtesten Überrenditen sind zu verzeichnen, wenn die Inflationsrate bereits über dem Durchschnitt liegt und dann fällt. Wir werden später der Frage nachgehen, was die Gründe dafür sein könnten.

 

Abbildung 3: Auch überdurchschnittliche und steigende Inflationsraten belasten die Performance von Unternehmensanleihen

Source Morgan Stanley “Cross Asset Playbook “ 19. April 2021 Andrew Sheets et al

 

Mit anderen Worten geben uns die Erfahrungen der Vergangenheit Grund zu der Annahme, dass der High-Yield-Markt eine höhere Inflation durchaus verkraften kann. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch eine wichtige Frage, und zwar, ob wir Angst vor höheren Zinsen haben müssen, die eine häufige Begleiterscheinung hoher Inflationsraten darstellen. Zunächst wollen wir dazu die Sensitivität der Spreads gegenüber den Zinsen analysieren. Wie die nachstehende Abbildung zeigt, ist die Korrelation zwischen Spreads und Zinsänderungen relativ gering.

 

Abbildung 4: Sensitivität der optionsbereinigten Spreads (OAS) am High-Yield-Markt gegenüber Zinsänderungen (Monatswerte seit 1993)

Quelle B of A Securities “High Yield Strategy” 28. Mai 2021 Oleg Melentyev, Eric Yu

 

Ein R2 von nur 0.15 zeugt von einer lediglich moderaten Neigung der Spreads zur Verengung bei steigenden Zinsen. Betrachtet man die Korrelation zwischen den Renditen von Staatsanleihen und der Gesamtrendite am High-Yield-Markt, so ergibt sich über einen längeren Zeitraum eine Korrelation, die sehr nahe bei Null liegt. Entsprechend besteht für den High-Yield-Markt aus unserer Sicht kein sonderlich grosses Risiko, das unmittelbar aus einer höheren Inflation mit der Folge steigender Zinsen resultieren würde. Allerdings nimmt die Korrelation, auch wenn sie längerfristig gegen Null geht, in Phasen mit vergleichsweise niedrigen Spreads tatsächlich zu. Aktuell sind die Spreads gemessen am langfristigen Durchschnitt recht niedrig, und von daher ist die Korrelation zurzeit möglicherweise höher, sodass der indirekte Effekt der Inflation die Renditen negativ beeinflusst.

Bei einem Vergleich der Gesamtrendite für unterschiedliche Zinsszenarios2 zeigt sich, dass die High-Yield-Renditen (ausser bei Hochzinsanleihen aus Schwellenländern) dann, wenn die Zinsen in einem Quartal um bis zu 50 Basispunkte gestiegen sind, höher ausfallen als wenn im Laufe eines Quartals ein Zinsrückgang registriert wurde (siehe Abbildung). Ein deutlicher negativer Effekt auf die Renditen (die aber immer noch positiv sind) ergibt sich, wenn die Zinsen in einem Quartal um mehr als 50 Basispunkte steigen. Bei der Betrachtung von Kombinationen moderater Zinserhöhungen mit unterschiedlichen Wachstumsszenarios ergibt sich schliesslich, dass die Renditen auch in einem wachstumsstärkeren Umfeld höher sind.

 

Abbildung 5: Wie Zinsänderungen die Renditen von Hochzinsanleihen beeinflussen

Quelle  Barclays “Tuesday Credit Call” 25. Mai 2021 Shobhit Gupta, Duoduo Chen

 

Bei detaillierterer Betrachtung ergibt sich ein ähnliches Bild: Die 3-Monats-Gesamtrenditen an den US-amerikanischen und europäischen Märkten für Hochzinsanleihen sind nur in zwei von 14 Fällen, in denen die Zinsen stiegen, negativ. Dazu ist anzumerken, dass die Renditen selbst in diesen beiden Fällen nur leicht negativ waren. Da Anleger den genauen Zeitpunkt eines Zinsanstiegs im Voraus nur sehr selten kennen, halten wir es für wichtig zu wissen, wie sich die Renditen jeweils im Zeitraum danach entwickeln. Hier verzeichnete der US-Markt für Hochzinsanleihen zwei und der europäische High-Yield-Markt drei negative Phasen. Dabei wurde der einzige deutliche negative Effekt auf die Renditen mitten in der globalen Finanzkrise registriert – er hatte somit sehr wenig mit steigenden Zinsen vor dem Hintergrund steigender Inflationsraten zu tun.

 

Tabelle 1: Renditen während und nach Phasen des Zinsanstiegs

Quelle   JP Morgan, April 2021

 

Bei einer Betrachtung aus einem etwas anderen Blickwinkel wird deutlich, dass Hochzinsanleihen generell recht empfindlich auf ein kräftigeres Wachstum reagieren – siehe dazu die folgende Abbildung.

 

Abbildung 6: Höheres Wachstum, stärkere Verengung

Quelle    Barclays “Tuesday Credit Call” 9. Februar 2021 Shobhit Gupta, Duoduo Chen

 

Warum sinkende Inflationsraten für Hochzinsanleihen ungünstig sind
Kommen wir noch einmal darauf zurück, dass Hochzinsanleihen bei überdurchschnittlich hohen, aber fallenden Inflationsraten eine schwache Performance zeigen. Die Erklärung dafür liegt unseres Erachtens darin, dass der High-Yield-Markt sehr empfindlich auf den Konjunkturverlauf reagiert. Starkes Wirtschaftswachstum geht in der Regel mit niedrigeren Ausfallquoten einher, und solange weiterhin geringe Zahlungsausfälle erwartet werden, ist eine gute Performance der High-Yield-Märkte wahrscheinlich. Verschlechtern sich jedoch die wirtschaftlichen Aussichten und wird infolgedessen ein Anstieg der Ausfallquoten erwartet, geraten Hochzinsanleihen unter Druck. Eine hohe, aber sinkende Inflation dürfte gewöhnlich dann anzutreffen sein, wenn die Notenbanken auf die Bremse treten und ihre Geldpolitik straffen. Dies hat einen negativen Effekt auf die Wachstumserwartungen und führt zu einer Ausweitung der Spreads. Mit anderen Worten sind höhere Inflationsraten und selbst höhere Zinsen für die Akteure an den High-Yield-Märkten nicht unmittelbar ein grosses Problem. Führen diese Faktoren jedoch zu einer Straffung der Geldpolitik durch die Notenbanken und/oder sind Ausdruck eines solchen Kurswechsels, der potenziell das Wachstum bremst, besteht für uns früher oder später tatsächlich Grund zur Sorge.

Ein weiteres Problem, das durch höhere Zinsen entstehen kann, sind Mittelabflüsse vom High-Yield-Markt bei einer Abkehr von Privatanlegern und nicht-traditionellen Investoren von der Anlageklasse. Nicht-traditionelle Anleger könnten höhere Zinsen möglicherweise nutzen, um ihre benötigten Renditen mit weniger riskanten Schuldpapieren zu erzielen, während Privatanleger oft die Auswirkungen der Zinsentwicklung auf den High-Yield-Markt überschätzen. Wir betrachten beide Effekte als eher kurzfristiger Natur, halten es aber dennoch für wichtig, sie im Auge zu behalten.


Fazit
Die Inflation an sich ist für die High-Yield-Anlageklasse nicht das zentrale Problem. Selbst wenn sie einen Zinsanstieg nach sich zieht, ist das für uns nicht das Thema Nummer eins. Wir müssen jedoch wachsam bleiben und Emittenten meiden, die durch steigende Preise unter Druck geraten. Überdies ist es essenziell zu verstehen, ob eine höhere Inflation das Risiko einer strafferen Geldpolitik birgt, die das Wachstum abwürgen könnte. Das Wirtschaftswachstum und seine Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Emittenten bleibt einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung des High-Yield-Markts. Für Investoren in Hochzinsanleihen liegt somit der Schlüssel zum Erfolg darin, diesen Aspekt stets im Blick zu behalten und möglichen Tretminen auszuweichen.

 

1Quelle: Deutsche Bank “What’s in the tails?” 7. Juni 2021 David Folkerts-Landau et al

2 Quelle: Barclays “Tuesday Credit Call” 25. Mai 2021 Shobhit Gupta, Duoduo Chen

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