Korrektur eröffnet neue Chancen am Wandelanleihenmarkt


von


Ute Heyward,
Senior Portfolio Manager

T +41 44 284 24 29

Jede Krise ist auch eine Chance – dieses Sprichwort klingt für Anleger, die seit Jahresanfang deutliche Verluste erlitten haben, vermutlich recht abgedroschen. Denn so einfach ist es natürlich nicht: Die Herausforderung für Anleger liegt darin, die Chance als solche zu erkennen und entsprechend zu handeln. Wir meinen, dass der massive Einbruch bei Wachstumswerten jetzt eine derartige Chance darstellen könnte. Denn Aktien aus Bereichen wie Software und Onlinehandel haben mittlerweile viel heisse Luft abgelassen und notieren bei deutlich tieferen Bewertungen. Die Unternehmen sind oftmals etabliert und rentabel und damit weit entfernt von den verlustreichen Hoffnungsträgern der Internetblase. Natürlich bleibt die Frage nach dem Timing der Investition immer eine Herausforderung und eine weitere Korrektur ist nicht auszuschliessen. Genau hier können Wandelanleihen eine sinnvolle Alternative zu Aktien darstellen, denn bei ihnen geht die Korrektur über die Preisnotierungen hinaus. Sie ändert gleichzeitig auch die Struktur der Wandelanleihen, nämlich die sogenannte Aktiensensitivität (auch Equity Exposure genannt), zum Vorteil der Anleger.

Viele Wandelanleihen handeln derzeit im konvexen „Sweet Spot“
Ein Vergleich zwischen Juni 2022 und den Vorjahreszahlen macht den Unterschied deutlich: Die Aktiensensitivität des liquiden globalen Wandelanleihenuniversums, gemessen am Refinitiv Global Vanilla Index lag vor einem Jahr bei 55% und per Ende Juni bei rund 33%. Das heisst, dass sehr viele damals aktienähnliche Wandelanleihen nunmehr im konvexen Bereich handeln. Dort hat die Wandelanleihe ein sehr vorteilhaftes, asymmetrisches Chancen/Risikoprofil, denn sie steigt bei einem ansteigenden Aktienkurs stärker an, als sie bei fallenden Aktienpreisen verliert. Des Weiteren gibt es analog eine beträchtliche Zahl, die sich mittlerweile im anleihenähnlichen Bereich befindet. Je nach Risikoneigung und Markteinschätzung können sich Anleger mit diesen Papieren nochmals defensiver positionieren. Mittlerweile steigen sie auf weit tieferen Kursniveaus ein und erhalten gleichzeitig einen deutlich effektiveren Rückschlagschutz, sollte die Korrektur noch nicht vorbei sein.

Wachstumswerte mit Fallschirm
Spannend ist dabei ein Blick auf die Sektorebene, denn hier sind die Unterschiede besonders gravierend. Die Sektoren zyklische Konsumgüter, Informationstechnologie und Kommunikationsdienstleistungen mussten in der Korrektur besonders viele Federn lassen. Somit gab es hier auch die grössten Verschiebungen bei der Aktiensensitivität. Bei diesen drei Sektoren fielen die jeweiligen durchschnittlichen Equity Exposures in den letzten zwölf Monaten von 62%, 61% und 64% auf nunmehr 31%, 35% und 34%, was rund einer Halbierung entspricht. Daraus ergibt sich die Gelegenheit, insbesondere Wachstumswerte quasi mit Fallschirm zu erwerben. In den vergangenen Jahren handelten diese Titel sehr häufig bereits bald nach ihrer Emission im aktienähnlichen Bereich und waren für viele Wandelanleihenanleger nicht mehr attraktiv, da sie damit ihre konvexe Charakteristik zu einem gewissen Grad verloren hatten.

Chart: Entwicklung des Equity Exposures ausgewählter Sektoren

Quelle   Refinitiv

Nachfrage nach Schutz gegen Hacker-Angriffe nimmt weiter zu
Ein Beispiel für ein strukturell aussichtsreiches Thema innerhalb des Megatrends Digitalisierung ist unser Ansicht nach Cyber-Security. Einschlägige Studien besagen, dass die Nachfrage nach IT-Sicherheit deutlich anziehen dürfte: Dies liegt einerseits am durch die Pandemie nochmals verstärkten Push hin zu mehr Digitalisierung auf allen Ebenen, darunter bei Behörden und Verwaltungen sowie bei mittelständischen Unternehmen. Die stärkere Vernetzung lässt auch die Zahl der potenziellen Sicherheitslücken und Einfallstore für Angriffe in die Höhe schnellen. Andererseits gibt es die politische bzw. geostrategische Komponente, die seit dem Aufflammen des Ukrainekonflikts massiv an Dringlichkeit gewonnen hat. An entsprechenden Firmen in diesem Segment können sich Anleger über Wandelanleihen beteiligen. Das Potenzial des Themas wird auch durch die jüngsten Fusions- und Übernahmeaktivitäten unterstrichen. Dabei handelt es sich typischerweise um Techkonzerne, die Spezialisten aufkaufen. Beispielsweise wurde Proofpoint durch Thoma Bravo übernommen, McAfee veräusserte sein B2B-Geschäft an Symphony und das Google-Mutterunternehmen Alphabet erwarb Mandiant (früher FireEye).

Wir sehen zwar auch selektiv Gelegenheiten innerhalb der beiden anderen gebeutelten Sektoren, zyklischen Konsumgütern und Kommunikationsdienstleistungen. Das unsichere Konjunkturumfeld mit Rezessionsängsten, Inflation und steigenden Zinsen lässt uns hier jedoch vorsichtiger agieren. Das ist beispielsweise der Fall bei der Reisebranche, wozu etwa Kreuzfahrtgesellschaften und Fluglinien zählen. Insgesamt stellen Wandelanleihen genau in diesem Umfeld, das derzeit neben Chancen auch einige ernstzunehmende Risiken aufweist, aufgrund ihres asymmetrischen Profils eine attraktive Anlagegelegenheit dar.

Ute Heyward,
Senior Portfolio Manager

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