Markteinschätzung Russland & Türkei



Russland

Die Credit Spreads Russlands sind auf dem Niveau der Benchmark in das Jahr 2018 gestartet. Mit der Einführung gezielterSanktionen der USA gegenüber russischen Einzelpersonen und Unternehmen weiteten sich die Spreads im April massivaus. Im Folgenden kam es von Mai bis Juni zu einer deutlichen Erholung, wobei Russland den Markt substanziell outperformed hat.Dieser positive Trend wurde schliesslich durch die Ankündigung derUSA,neue Sanktionen einzuführen,vor wenigen Tagen gebrochen.

Chart 1: YTD Credit Spreads Russland (orange) vs. Benchmark (weiss)

QuelleBloomberg, August 2018

Die neuen Sanktionensindgrösstenteils eine Reaktion auf den angeblichen Einsatz biologi-scherWaffen gegen einen ehemaligen russischen Spion in Grossbritannien. Wie auch ein Blick auf die Spread-Entwicklung zeigt,wurden diese Sanktionen vom Markt bereits seit einigen Wochen erwartet.Selbige betreffen hauptsächlich High-Tech-Exporte nach Russland, die un-serer Meinung nach weniger starkeAuswirkungen auf die Wirtschaft des Landeshabensoll-ten. Vielmehr geht esden USAdarum,eine „klare Botschaft" an die Russen zu senden.Weit-aus besorgniserregender ist die Tatsache, dass dieUSAdie Türe für weitere, den russischen Bankensektor betreffende,Sanktionen offen gelassen hat. Die USA wollen damit Druck auf Putin aufbauen unddie russische Regierung zu einer Einkehr zwingen. Da die russische Regie-rung auch schon in der Vergangenheit keine Reaktion auf derartige Massnahmen gezeigt hat, kann davon ausgegangen werden, dass auch diesmal weitere Sanktionen folgen werden.

Positionierung

Die aktuelle Positionierungin Russland zeigt in beiden Strategien eine defensive Sektoralloka-tion (keine Bankanleihen)und eine höhere Kreditqualität. Die Untergewichtung Russlands inunserer Fisch EM Opportunistic Strategieführt zu einer Outperformance der Benchmark um 4 Bps.Inunserer reinen Investment-Grade-Strategie (Fisch EM Defensive)haben wir in Bezug auf das gewichtete Kreditexposure eine neutrale Gewichtung gegenüberder Benchmark. Un-ser Fokus auf liquide Titel wie Gazprom, LukoiloderSeverstal erlaubt es uns allerdings je nach Marktlage und Entwicklung schnell reagieren zu können, sollte es notwendig werden.

Chart 2: Aktuelles Russland Exposure in unseren EM Publikumsfonds

Quelle Factset, August 2018

Fazit

Die aktuellen Entwicklungen sind definitiv als negativ zu bewerten. Nichtsdestotrotzsind wir der Ansicht, dass die geopolitischen Realitäten Herrn Trump und Putin gleichermassen einen Anreiz geben,die Situation zu entspannen. Gespräche über mögliche gegenseitige Staatsbe-suche spiegeln die Tatsache wider, dass beide Seiten mehr zu verlieren als zu gewinnenhabenund ein gewisses Mass an Kompromissbereitschaft besteht. Während diese die Annexion der Krim durch Russland wahrscheinlich nicht umfasst, gibt es anderebedeutende Themen,die dem US-Kongress einen Grund gebenkönnten, mit der Implementierung weitererSanktionen zu warten.

Türkei

Die Entwicklung der türkischen Credit Spreads im Jahresverlauf zeigt seit Anfang Mai nahezueine Verdoppelung.

Chart 3: YTD CreditSpread Türkei (blau) vs. Benchmark (weiss)

Quelle Bloomberg, August 2018

Auch hier beruht der Anstieg auf mehreren Faktoren, die allerdings einen gemeinsamen Nen-ner haben:Präsident Erdogan. Dertürkische Präsident arbeitet an einer Machtkonzentrationzu seinen Gunsten. Die vorgezogenen Wahlen im Mai festigten seine Machtbasis. Seither ist die türkische Geldpolitik nicht mehr unabhängig von den Wünschen Erdogans. Die jüngste Entscheidung der Zentralbank (CBT), die Zinsen angesichts des schnell ansteigenden Inflati-onsdrucks nicht zu erhöhen (Hinweis: Erdogan bevorzugt niedrigere Zinsen), bestätigte ledig-lich die mangelnde Unabhängigkeit der CBT.

Dazu kommt, dass andere AktionenErdogans(wie der Kauf eines russischen Flugabwehrrake-tensystems, die Verhaftung eines US-Pastors in der Türkei usw.) zu tiefgreifendenSanktionender USA gegen die Türkei führenkönnten. Dies würde, angesichts der Tatsache,dass es sich um zwei NATO-Partner handelt, eine Eskalation mit extrem negativen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte darstellen.

Auch die Devisenmärkte waren davon schwer betroffen und die türkische Lira verlor fast die Hälfte ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar.

Chart 4: YTD Entwicklung Türkische Lira

Quelle Bloomberg, August 2018

Aufgrund der Grösse ihrer Aussenhandelsdefizite, die zum grossen Teil in Hartwährung finan-ziert werden müssen, reagiert die Türkei nicht nur sensibel auf die US-Zinsen, sondern auch auf die Entwicklung des US-Dollarund des Euro. Besonders betroffen ist der türkische Ban-kensektor,da das Verhältnis von Krediten zu Einlagen 100% übersteigt. Dies wiederum erfor-dert, dass Banken einen Teil ihrer Bilanzen über die Ausgabe von Anleihenin Hartwährungauf den globalen Märkten finanzieren.

In der jetzigen Situation ist es für türkische Banken, den Staat und Unternehmen sehr schwie-rig,Geld an den globalen Anleihemärkten aufzunehmen. Selbst wenn es gelingen sollte Geld-geber zu finden, stellt die Finanzierung umgerechnet in Lira für die Schuldner eine sehr grosseBelastung dar. Auch die Qualität der Aktiva des türkischen Bankensektors verschlechtert sich, aufgrund eines raschen Anstiegs notleidender Kredite, fortlaufend.

Dies spiegelt sich in den Handelsvolumina der türkischen Sub-Debt-Bank-Schuldtitel wider, die bei einer Rendite von 15% stehen–die gleichen Anleihen notiertenzu Beginn des Jahres beieiner Rendite von 6,5%.

Fazit

Wir empfinden die jetzige Situation in der Türkei als nicht nachhaltig. Sollte es zusätzlich zur schwachen Währung zu US-Sanktionen kommen,steigt das Risiko von Ausfällen oder erzwun-genen Restrukturierungen im Bankensektor rasant an. Während wir der Ansicht sind, dass ein Staatsbankrott in absehbarer Zeit kein realistisches Szenario ist, ist eine mögliche Unterstüt-zung durch den IWF im Falleeiner Liquiditätskrise auch ohne wesentliche politische Anpas-sungen unwahrscheinlich.

Wir haben in unserer EM Defensive Strategiekein Türkei-Risiko. Inunserer opportunistischen EM Strategiesindwir untergewichtet.

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