Im Handelsstreit zwischen den USA und China gibt es Anzeichen einer Entspannung. Auch wenn US-Präsident Donald Trump die Einigung als Erfolg verkauft: Er war es, der zurückrudern musste.
Die Amerikaner haben zuerst geblinzelt – so lässt sich der Zwischenstand des Zollstreits zwischen China und den USA zusammenfassen. Auf chinesische Waren gelten in den USA jetzt Zölle in Höhe von 30 Prozent, vorher waren es 145 Prozent. Einfuhren aus den USA werden in China mit 10 Prozent anstelle von zuvor 125 Prozent belegt. Diese Regelungen sollen nun für zunächst 90 Tage gelten.
Der handelsgewichtete Zollsatz sinkt damit auf rund 17 bis 18 Prozent. Wenn man die Ausnahmeregelung für Elektronik mit einbezieht, sind es sogar nur 14 Prozent. Das ist deutlich weniger als die 25 Prozent, die es bis zum ‚90-Tage-Deal‘ waren.
In den USA dürfte sich das Wachstum dennoch abschwächen, auch wenn eine Rezession ausbleiben könnte. Sollte es eine geben, wird sie eher leicht ausfallen. Zwar wird die Arbeitslosenquote in den USA wahrscheinlich noch weiter steigen, dürfte sich aber zeitnah stabilisieren. Der Inflationsdruck dürfte infolge der Einigungen sinken und 0,5 bis 1 Prozent niedriger liegen als zuvor prognostiziert.
Deutliche Vorteile für die Chinesen
Für China sind die Vorteile der Einigung noch sehr viel grösser. Einerseits wird der chinesische Arbeitsmarkt und die chinesische Binnenkonjunktur durch niedrigere Zölle signifikant weniger beeinträchtigt. Bereits jetzt hatten die Frachtraten gezeigt, dass die Handelsströme zwischen den beiden Staaten spürbar zurückgegangen waren. Auch der chinesische Einkaufsmanagerindex war mit 49 Punkten knapp unter die Schwelle von 50 Punkten gefallen, die den Übergang zwischen Wirtschaftsrückgang und Wachstum anzeigt. Die Erleichterung über die Aussetzung der Zölle sorgte entsprechend für einen Anstieg chinesischer Aktien von durchschnittlich 3 Prozent.
Andererseits – und das ist vielleicht noch wichtiger – haben die Chinesen gezeigt, dass sie am längeren Hebel sitzen. Denn US-Präsident Donald Trump war infolge des Handelsstreits selbst unter Druck geraten. Am deutlichsten zeigte sich das wohl an den Anleihemärkten, wo die Renditen von US-Staatsanleihen schnell angestiegen waren. Aber auch die Aussicht, nicht mehr mit Seltenen Erden aus China beliefert zu werden, hatte in den USA Besorgnis ausgelöst. In diesem strategisch bedeutsamen Rohstoffsegment hat China eine monopolartige Stellung – es verarbeitet rund 90% aller weltweit genutzten Seltenen Erden. Der extrem aufwändige und auch umweltschädliche Produktionsprozess lässt sich nicht einfach verlagern – was China genau weiss und sich als Druckmittel zunutze macht.
Für die Zukunft bedeutet das eine weitaus bessere Verhandlungsbasis für die Chinesen.
Auch langfristig ein positives Signal für die Märkte
Für die Märkte dürfte die Einigung auch langfristig Entspannung bedeuten. Zwar sind die Allzeithochs noch nicht wieder erreicht, die Marktteilnehmer dürften aber kommende Aktionen der Trump-Administration besser verdauen können. Denn es ist nun klar geworden, dass der US-Präsident wirtschaftliche Nachteile nicht komplett ignoriert.
Abgesehen davon setzt sich auch ein Muster fort, das sich schon während Trumps erster Amtszeit abgezeichnet hatte. So hatten Aktien aus den Schwellenländern inklusive China – gemessen am MSCI Emerging Markets – über alle Quartale hinweg im Jahr 2017 eine teils deutlich bessere Gesamtrendite als die US-Aktien im S&P 500 gezeigt: In den USA waren es zwischen rund 3 bis 6,5 Prozent, in den Schwellenländern rund 6 bis 11 Prozent.
2025 fällt der Unterschied noch deutlicher aus (siehe Chart). Bis zum 21. Mai verzeichneten US-Aktien gemessen am S&P 500 ein leichtes Minus, während Schwellenländerpapiere um rund 10 Prozent zulegten. Chinesische Aktien stiegen sogar um 17 Prozent (jeweils in US-Dollar). Grund dafür dürfte auch sein, dass die Schwellenländer Nachfrageschocks durch Stimulusmassnahmen sehr viel einfacher abfedern können als die Vereinigten Staaten Angebotsschocks. Die Abmilderung zweiterer erfordert neue Fabriken, ausreichend Arbeitskräfte und letztlich auch sehr viel mehr Zeit. Insbesondere Zeit hatte Donald Trump nicht.
Performance des S&P 500 ggü. Schwellenländern für 2025 in Prozent (USD):
S&P 500 Index ggü. MSCI Emerging Markets Index, MSCI Brazil Index, MSCI India Index, MSCI China Index und MSCI Hongkong Index; Performance laufendes Jahr 2025 (in USD);
Quelle: Bloomberg, MSCI, S&P, 21.05.2025