Zinserträge von US-Banken: "Die fetten Jahre sind vorbei, wir reduzieren Risiko."



Zinserträge von US-Banken: Die fetten Jahre sind vorbei, wir reduzieren Risiko

Nachdem der Grossteil der US-Banken die Quartalsberichtserstattung abgeschlossen hat, werfen wir im Licht der jüngsten Zinsentwicklungen einen Blick auf die Ertragslage der Finan-zinstitute, die zu einem wesentlichen Teil vom allgemeinen Zinsniveau abhängig sind.1

Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen hat sich seit dem zwischenzeitlichen Höchststand im Herbst 2018 (3.23%) bereits mehr als halbiert und beläuft sich derzeit auf 1.56%. Auch die Zinskurven haben sich weiter abgeflacht, mittlerweile sogar invertiert. Für Banken ist diese Ausgangslage problematisch, da sie aufgrund der Natur des Zinsdifferenzgeschäfts sowohl vom Zinsniveau als auch von der Terminstruktur (Zinskurve) abhängig sind. Aufgrund des starken Rückgangs der Zinsen ist es für uns nicht überraschend, dass sich die US-Banken im zweiten Quartal 2019 mit sinkenden Zinsmargen konfrontiert sahen, wie Abbildung 1 auf-zeigt. Die Nettozinsmarge ist damit wieder auf das Vorjahresniveau gesunken, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Zu Beginn des Jahres 2018 konnte in den USA noch mit weiteren Zinserhöhungen der Zentralbank gerechnet werden. Hier fand ein signifikanter Vor-zeichenwechsel statt. Nach der Zinssenkung um 25 Basispunkte im Juli 2019 erwartet der Markt derzeit, dass die Fed die Zinsen bis Ende des Jahres um weitere 66 Basispunkte senkt.

Abbildung 1: Nettozinsmarge der 25 grössten US-Banken (%)

Quelle   SNL, Barclays Research (nicht eingeschlossen sind die Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs)

Abbildung 2: Nettozinsertrag der 25 grössten US-Banken (Mrd. USD)

Quelle   SNL, Barclays Research (nicht eingeschlossen sind die Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs)

Trotz dieser Herausforderung waren die Banken im zweiten Quartal 2019 in der Lage, stabile Einkommen aus dem Zinsdifferenzgeschäft zu erzielen (Abbildung 2), was allerdings vor allem dem Kreditwachstum geschuldet ist. Tatsächlich bestätigt der jüngste Senior Loan Officer Survey der Fed, dass die Kreditvergabestandards wieder lockerer geworden sind. Der trei-bende Faktor für die Bewegung im Gesamtindikator war das Segment „Commercial & Indust-rial
Loans“ (siehe Abbildung 3). Dieser Teilindex ist ein wichtiger Vorlaufindikator für die US-High-Yield-Ausfallraten und wies in der Vergangenheit zudem eine starke Korrelation mit der In-vestitionstätigkeit der Unternehmen in den USA auf. Auch wenn sich das Signal nicht weit von der Nulllinie entfernt hat und das Investitionswachstum aufgrund der Handelskriegsunsicher-heit gehemmt ist, sind wir der Meinung, dass die lockeren Finanzierungskonditionen die fi-nanzielle Situation der US-High-Yield-Unternehmen positiv beeinflussen.

Abbildung 3: Nettowert in % der befragten US-Kreditinstitute, welche die Kreditvergabe-standards für C&I-Kredite verschärfen
Durchschnitt der Veränderung der Kreditvergabestandards für grosse, mittlere und kleine Unternehmen. Ein negativer Wert bedeutet eine Lockerung der Standards („Easing“).

Quelle   Federal Reserve Senior Loan Officer Survey, BEA, CreditSights

Für Banken hingegen muss die Situation im Licht der Kreditqualität und der Kapitalisierung betrachtet werden. Hier stellen wir derzeit noch positive Entwicklungen fest. Allerdings ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich der Wettbewerb um die Neukreditvergabe noch intensi-viert und die Zinsmargen weiter fallen. Sollte dies geschehen, könnten die Banken dazu verlei-tet sein, mehr Risiken bei der Kreditqualität einzugehen. Über die folgenden Jahre dürften in diesem Szenario Verluste auf nicht bedienten Krediten zunehmen und sowohl die Profitabilität als auch die Kapitalisierung der Banken schwächen. Auch wenn sich eine solche Dynamik typi-scherweise graduell aufbaut, stellt sich die Frage, ob das Risiko in Bankanleihen derzeit noch adäquat entschädigt wird. Abbildung 4 zeigt die Risikoprämien (Option Adjusted Spread, OAS) der US-Banken im Vergleich zum US Investment Grade Index. Bankanleihen weisen in der Tendenz eine leicht tiefere Risikoprämie als der Gesamtindex auf, da die Duration der Bank-anleihen mit 5.8 Jahren fast zwei Jahre kürzer ist als diejenige des Gesamtindex von 7.6 Jahren.

Abbildung 4: Risikoprämien (OAS) des US-Bankensektors ggü. US Investment Grade Index

Quelle   Bloomberg, Ice BofAML

Die Anleihen von US-Banken haben sich seit Jahresbeginn besser entwickelt als der breite Index – ihre Risikoprämien sind um 10 Basispunkte mehr gesunken. Dies steht im krassen Kontrast zu den Aktienmärkten, wo die US-Banken im S&P 500 Index seit Jahresanfang um mehr als 7 Prozentpunkte hinter dem Gesamtindex liegen (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Entwicklung S&P 500 Bankenindex ggü. S&P

Quelle   Bloomberg

Nach wie vor erachten wir die fundamentale Ausgangslage von US-Banken als deutlich besser als diejenige von Banken in Europa oder Japan. Es gilt auch zu beachten, dass US-Banken zusätzliche Ertragskraft aus dem Kapitalmarktgeschäft, der Beratung von Unternehmen oder von den eher krisenresistenten Gebühren-Einnahmen ziehen, was einen Einbruch auf der Zinsmarge und erhöhte Kreditabschreiber abfedern kann. Gerade im Kapitalmarktgeschäft versiegen derzeit aber auch gewisse Quellen. Angesichts der aktuellen Bewertungen reduzieren wir daher unser Übergewicht in US-Banken innerhalb der Global Corporates Strategie auf ein Untergewicht gegenüber dem Referenzindex und gleichen damit die Positionierung bei den US-Banken dem übrigen Bankensektor an. Wir bevorzugen weiterhin defensive Sektoren wie das Gesundheitswesen oder den Telekom- und Mediensektor.

 

1Die 25 grössten US-Banken (unter Ausschluss der Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs) erwirtschaften derzeit 55% ihrer Erträge aus dem Zinsdifferenzgeschäft, der Rest stammt aus dem Kapitalmarktgeschäft, dem Vermögensverwaltungsgeschäft und Gebühreneinkommen.

 

 

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