Zusammenfassung
Wandelanleihen sind Anleihen, die neben der Verzinsung (und Rückzahlung) noch ein Wandelrecht besitzen. Dieses berechtigt den Inhaber der Wandelanleihe zum Tausch (Wandlung) in eine festgelegte Anzahl Aktien des Schuldners und kann deshalb als Kauf-Option betrachtet werden. Wandelanleihen sind ein verhältnismässig anspruchsvolles Instrument, das aber vielfältige Risikoprofile bietet und äusserst flexibel eingesetzt werden kann.
Der Nutzen für Investoren, und im Speziellen auch für Pensionskassen und Versorgungswerke, liegt zusammengefasst in zwei zentralen Aspekten:
- Positive Asymmetrie / automatisches Timing und Kapitalschutz
- Spezielle Risikoprämien / Wandelanleihen als günstige Struktur
Finanzökonomische Charakteristik
Eine Wandelanleihe liefert die folgenden vier grundlegenden Risikoprämien gegenüber einer risikofreien Anlage:
Aktienexposure | 40% |
Kreditexposure | 35% |
Volatilitätsexposure über die eingebettete Call Option | 15% |
Zinsertrag/ Duration | 10% |
Die Prozentwerte drücken die durchschnittliche relative Bedeutung der einzelnen Risikoprämien aus. Jede der aufgeführten Risikoprämien kann am Markt separat gekauft werden. Eine Wandelanleihe hat aber den Vorteil, sämtliche Prämien in einem Instrument zu kombinieren.
Vorteil Asymmetrie / Timing und Kapitalschutz
Das asymmetrische Kursverhalten der Wandelanleihen bietet den Vorteil eines automatischen, positiven Timingeffektes. Bei fallenden Märkten besteht ein Schutz, da die Anleihe zu 100% zurückbezahlt wird. Bei steigenden Märkten nimmt sie anderseits immer mehr Aktiencharakter an und weist so eine laufend zunehmende Aufwärtspartizipation auf. Diese Asymmetrie entspricht einer „dynamischen Portfolio Insurance“ Strategie, ohne mit deren gravierenden Nachteilen (Kosten, Handelbarkeit, „gap risk“) verbunden zu sein.
Insbesondere für Vorsorgeeinrichtungen mit eingeschränkter Risikofähigkeit lohnt es sich, einen Teil ihrer Aktien-Allokation durch Wandelanleihen zu substituieren und so einen Grossteil der (langfristig interessanten) Aktien-Risikoprämie auf deutlich risikoärmere Weise zu erhalten.
Vorteil spezielle Risikoprämien
Aufgrund ihrer speziellen Struktur bietet die Wandelanleihe eine Reihe zusätzlicher sehr interessanter Risikoprämien:
Liquiditätsprämie | 40 bis 80 Bps |
Prämie aufgrund langlaufender Call Option (Wandelrecht) | 40 bis 50 Bps |
Kreditrisikoprämie auf der Option (Wandelrecht) | 10 bis 20 Bps |
Growth Prämie (über die Struktur des globalen Wandelanleihenmarktes) | 20 bis 60 Bps |
Die Werte geben die geschätzten zusätzlichen Risikoprämien in Basispunkten (Bps) p.a. an. Diese zusätzlichen Prämien können ausschliesslich über den Kauf einer Wandelanleihe genutzt werden.
Die Liquiditätsprämie ergibt sich aufgrund der festen Verknüpfung von Wandelrecht (Call Option) und Anleihe. Beide Teile müssen als „Paket“ gekauft werden und können nicht separat gehandelt werden. Somit sind sie etwas weniger liquide als ihre Einzelteile. Dafür erhält der Investor aber einen Renditevorteil von 40 bis 80 Basispunkten p.a., d.h. die Wandelanleihe ist rund 1 bis 3 Prozent günstiger als die Summe einer vergleichbaren Anleihe plus Call Option. Dies ist einer der Hauptgründe für das äusserst interessante langfristige Chancen/Risikoprofil der Wandelanleihe gegenüber Aktien-und Anleihenmischportfolios.
Die Prämie aufgrund der lang laufenden Call Option (Wandelrecht) ergibt sich aus dem sogenannten „fat tail“, d.h. der Erkenntnis, dass langfristig grössere Marktausschläge auftreten, insbesondere nach unten, als es aufgrund der allgemein angenommenen Normalverteilung zu erwarten wäre. Deshalb müssten Call Optionen resp. Wandelrechte teurer sein als es die heute gängigen Standardmodelle errechnen, weil bei grösseren Marktausschlägen höhere Gewinnmöglichkeiten mit Optionen entstehen. Je länger eine Option läuft, desto stärker wirkt sich dieser Effekt aus. Wandelanleihen haben in der Regel sehr langlaufende Wandelrechte von 3 bis 5 Jahren.
Die Kreditrisikoprämie auf der Option (Wandelrecht) ist eine weitere, interessante Eigenschaft. Das Wandelrecht hängt von der Zahlungsfähigkeit (bzw. der Fähigkeit zur Aktienlieferung) des Anleihenschuldners ab. Deshalb unterliegt auch das Wandelrecht einem Kreditrisiko. Deshalb ist der Wert (= implizite Volatilität) eines Wandelrechts niedriger als eine vergleichbare standardisierte Call Option. Auch hier gilt, dass dieser Effekt mit zunehmender Laufzeitlänge der Option zunimmt.
Die sogenannte Growth Prämie ist insbesondere bedeutsam für Wandelanleihen aus den USA und Asien. In diesen Regionen kommen viele Wachstumsunternehmen mit Wandelanleihen an den Markt. Investoren sollen hier über eine direkte Partizipation am Aktienpreis im Erfolgsfall entschädigt werden. Ein Investment in den globalen Wandelanleihenmarkt liefert daher über die Zeit einen gewissen Bias zu interessanten Wachstumsgesellschaften.
Zusätzlicher Vorteil
Eine Wandelanleihe enthält einen sogenannten „Exotischen Anleihen Put“. Eine Wandelanleihe, die tief im Geld liegt (z.B. bei 130% oder höher) reagiert nicht mehr negativ auf steigende Zinsen. Denn sie kann jederzeit in die zugrundeliegenden Aktien getauscht werden. Damit hängt ihr Wert nur noch von diesem Tauschwert ab und nicht mehr vom Zinsniveau. Eine analoge Strategie, die aus Anleihe plus separater CallOption besteht, verliert bei steigenden Zinsen dagegen stark auf dem Anleihenteil (z.B. im Fall eines inflationären Umfeldes). Der Anleihenteil bei der Wandelanleihe verliert dagegen nichts, da er in Aktien getauscht werden kann. Wandelanleihen sind daher ein ideales Instrument im inflationären Umfeld, insbesondere in der frühen Phase des Zyklus, wenn sowohl die Zinsen als auch die Aktienkurse steigen.
Dieser „Exotische Anleihen Put“ ist vollständig im fairen Wert einer Wandelanleihe enthalten. Er ist keine Anomalie oder eine versteckt Prämie („Geschenk“). Trotzdem kann diese Eigenschaft in bestimmten Marktumfeldern sehr interessant sein und ist auf anderem Weg nur schwer zu replizieren.
Zusätzlicher Vorteil Volatilitätseffekt
Eine Wandelanleihe besteht aus einem Anleihenteil und durch das Wandelrecht auch aus einem Aktienteil. Das Wandelrecht entspricht dabei einer Call Option. Damit reagiert jede Wandelanleihe auch auf Schwankungen der Marktvolatilität. Daraus ergibt sich neben der Aktien- und Anleihenkomponente eigentlich noch ein dritter Aspekt, eine „Option/Zertifikat auf Marktvolatilität“. Mit einer Wandelanleihe kauft man somit auch Marktvolatilität.
Entscheidend ist dabei, dass diese Volatilitätskomponente längerfristig zu einer Verminderung von Kursschwankungen von Wandelanleihenportfolios führt. Grund dafür ist die negative Korrelation von Aktienkursen und Marktvolatilität: Steigt der Aktienmarkt, dann fällt in der Regel die Volatilität (und umgekehrt). D.h. die Aktien- und die Volatilitätskomponente innerhalb der Wandelanleihe laufen gegenläufig und reduzieren damit die Gesamtschwankung des Papiers.
Dieser Effekt hat keinen Einfluss auf die langfristige Renditeerwartung von Wandelanleihe. Er dämpft lediglich mittelfristige Kursschwankungen und trägt zu einer zusätzlichen Optimierung des Risiko/Ertragsprofils von Wandelanleihen bei.
Zusätzlicher Vorteil aktives Management von Wandelanleihen
Zusätzlich bietet der globale Wandelanleihenmarkt immer wieder tatsächliche Fehlbewertungen, da der Markt aufgrund von hohen Hedging/Arbitrage-Kosten nicht vollständig effizient ist. Eine permanente Marktüberwachung kann deshalb einen interessanten Mehrertrag liefern. Zudem kann mit einer aktiven Verwaltung sichergestellt werden, dass sich das Wandelanleihen-Portfolio immer im „hybriden“ Bereich befindet, also dort, wo sich der Asymmetrie Vorteil besonders stark auszahlt. Dazu werden systematisch Wandelanleihen, die tief aus dem Geld liegen (d.h. Wandelrecht hat fast keinen Wert) und solche, die tief im Geld liegen (d.h. die Wandelanleihe verhält sich wie eine Aktie) verkauft und durch interessantere Titel mit einer hohen Konvexität ersetzt. Dadurch wird auch automatisch ein interessanter „Rebalancing-Effekt“ erzielt.