Steigende Zinsen und hohe Inflation: Mit Wandelanleihen wirksam gegensteuern


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Fisch Asset Management AG,

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Zusammenfassung

  • Wandelanleihen zeigen in Phasen von steigenden Zinsen eine positive Performance und schneiden deutlich besser ab als ein Mischportfolio aus Aktien und herkömmlichen Anleihen.
  • Historische Vergleiche belegen, dass Wandelanleihen auch in inflationären Phasen im Schnitt eine positive Performance erzielen. Diese ist jedoch bei Betrachtung der einzelnen Zeiträume durchaus heterogen.
  • Zur Steuerung des Zins- und Inflationsrisikos ist deshalb aktives Management unerlässlich.
  • Aktive Manager wie wir steuern die Sektorallokation, aber auch die Einzeltitelauswahl basierend auf einer Reihe von Faktoren, um in einem solchen Umfeld die vorteilhaften Eigenschaften von Wandelanleihen weiter zu verstärken.

Anleger mit grösseren Anleiheallokationen in ihren Portfolios sehen sich seit geraumer Zeit mit einem unangenehmen Phänomen konfrontiert: steigenden Zinsen und damit einhergehenden Verlusten auf ihren Anleihepositionen. Dieser Trend dürfte weitergehen, denn aufgrund einer verbesserten Wirtschaftslage oder auch ansteigenden Inflationszahlen könnten die Zinsen in den kommenden Monaten weiter anziehen. Staats- und Unternehmensanleihen (vor allem qualitativ höherwertige) gelangen mit ansteigenden Zinsen unter Druck, wohingegen Aktien sich in solchen Phasen historisch gut behaupten konnten. Wie würde sich nun in diesem Umfeld ein Wertpapier mit sowohl aktien- als auch anleihenähnlichen Eigenschaften verhalten? Hier kommt die Wandelanleihe ins Spiel.

Wandelanleihen im Vergleich zu anderen Anlageklassen

Die Fixed-Income-Komponente einer Wandelanleihe reagiert erwartungsgemäss durchaus negativ auf steigende Zinsen. Aufgefangen wird dieser Effekt aber durch die Aktien-Komponente: einerseits nimmt die Call-Option auf die zugrundeliegende Aktie mit höheren Zinsen an Wert zu, andererseits profitiert sie vom ansteigenden Aktienkurs (was tendenziell der Fall ist in inflationären Marktphasen). In Kombination werden damit die negativen Effekte von den positiven abgefedert. Somit wird die Zinssensitivität nebst der Duration der Fixed-Income-Komponente auch stark durch die Aktiensensitivität via Call-Option der Wandelanleihe bestimmt. Grundsätzlich gilt: Je tiefer die Duration und je höher die Aktiensensitivität, die eine Wandelanleihe aufweist, desto geringer ist die Zinssensitivität.

Wandelanleihen weisen generell eine relativ kurze effektive Duration aus. Gemessen am Refinitiv Global Vanilla Index beträgt diese unter zwei Jahre. Dieser Wert ergibt sich zum einen aufgrund der für Wandelanleihen typischen kurzen Laufzeit von rund fünf Jahren und dem dank der Call-Option vorhandenen Wandelrecht aus der Anleihe in die zugrundeliegende Aktie, was bei der Berechnung der effektiven Duration berücksichtigt wird und diese damit verkürzt. Damit weist eine Wandelanleihe im direkten Vergleich mit einer herkömmlichen Unternehmensanleihe bei gleicher Laufzeit eine (meist deutlich) tiefere Duration aus.

Entwicklung von Wandelanleihen bei steigenden Zinsen
Dass Wandelanleihen in einem Umfeld steigender Zinsen ihre Stärken zeigen können, lässt sich anhand historischer Vergleiche mit Unternehmensanleihen (Bloomberg Barclays Global Aggregate Corporate USD hedged Index) und Aktien (MSCI World Index USD hedged) belegen (Grafik 1).

Grafik 1: Performance von Wandelanleihen in Phasen steigender Zinsen gegenüber anderen Anlageklassen

Quelle   Fisch Asset Management, Refinitiv Global Vanilla Hedged CB Index (USD), Bloomberg Global Aggregate Corporate Hedged (USD), Januar 2022

 

Wandelanleihen konnten in allen 10 Phasen von Zinsanstiegen (Anstieg der Renditen von 10-jährigen US-Treasuries um mehr als 100 Basispunkte) Unternehmensanleihen übertreffen. In einer der 10 Phasen (Dez. 08 – Juni 09) schnitten Wandelanleihen sogar besser als Aktien ab. Wenn man die durchschnittlichen Renditen der drei Anlageklassen in diesen 10 Phasen vergleicht (Grafik 2), wird ersichtlich, dass die Performance der Wandelanleihen (+9.7%) eher Aktienrenditen (+11.5%) widerspiegelt als Bondrenditen (-1.4%).

Grafik 2: Durchschnittliche Performance von Wandelanleihen bei steigenden Zinsen: nur knapp hinter Aktien und deutlich vor Unternehmensanleihen

Quelle   Fisch Asset Management, Refinitiv Global Vanilla Hedged CB Index (USD), Bloomberg Global Aggregate Corporate Hedged (USD), Januar 2022

 

Die starke Performance von Wandelanleihen in Phasen steigender Zinsen kann dabei nicht einfach durch eine Kombination von Aktien und Anleihen repliziert werden. Um dies zu illustrieren (Grafik 3), wurde die Analyse mit einem Composite Portfolio (bestehend aus einer Mischung von 50% MSCI World und 50% Bloomberg Barclays Global Aggregate Corporate Index, monatlich rebalanced) wiederholt.

 

Grafik 3: Wandelanleihen in Phasen steigender Zinsen deutlich vor Mischportfolio aus Aktien und Anleihen

Quelle   Fisch Asset Management, Refinitiv Global Vanilla Hedged CB Index (USD), Bloomberg Global Aggregate Corporate Hedged (USD), Januar 2022

 

Die Auswertung zeigt klar, dass Wandelanleihen die 50:50 Aktien/Anleihen-Allokation in allen 10 Zinsanstiegsphasen übertreffen konnten. Eindrücklich ist hierbei ebenfalls die Betrachtung der durchschnittlichen Renditen in diesen Perioden: Wandelanleihen erzielten +9.7% versus +4.9% für den Composite. Die Erklärung dazu liegt in der in Wandelanleihen enthaltenen Call-Option, die in einem Umfeld steigender Zinsen an Wert zunimmt. Dieser Mechanismus kann mit einer reinen Kombination von Aktien und Anleihen nicht repliziert werden.

 

Wandelanleihen im Umfeld steigender Inflation
Nun werden möglicherweise einige Leser erwidern, dass die steigenden Zinsen auch mit höheren Inflationserwartungen einhergehen. Die Frage lautet daher: Sind Wandelanleihen auch in solch einem Szenario attraktiv? Hierzu haben wir die Performance von Wandelanleihen mit Aktien, Unternehmensanleihen und einem Composite (50% MSCI World + 50% Bloomberg Barclays Global Aggregate Corporate, monatlich rebalanced) in unterschiedlichen Inflationsszenarien betrachtet. Als Basis dienten Daten von 1991 bis 2021. In diesem Zeitraum gab es 10 Phasen (siehe Grafik 4) mit steigenden Inflationszahlen (definiert als > 1% Veränderung des US-Verbraucherpreisindex CPI im Jahresvergleich).

Grafik 4: Performance von Wandelanleihen in Phasen steigender Inflation gegenüber anderen Anlageklassen

Quelle Fisch Asset Management, Refinitiv Global Vanilla Hedged CB Index (USD), Bloomberg Global Aggregate Corporate Hedged (USD), Januar 2022.

 

Erneut wird das Bild, welches sich bereits aus den Phasen der Zinsanstiege ableiten liess, bestätigt. Wandelanleihen schneiden in diesem Umfeld sehr gut ab und können auch ein Mischportfolio aus Aktien und Unternehmensanleihen deutlich übertreffen. Aktien entwickeln sich in diesen Szenarien erwartungsgemäss besonders gut. Dies erklärt sich damit, dass höhere Inflation mit positivem Wirtschaftswachstum, steigenden Unternehmensgewinnen und entsprechenden Aktienpreisanstiegen einhergeht.

Grafik 5: Durchschnittliche Performance verschiedener Anlageklassen in Phasen steigender Inflation

Quelle Fisch Asset Management, Refinitiv Global Vanilla Hedged CB Index (USD), Bloomberg Global Aggregate Corporate Hedged (USD), Januar 2022

 

Bei genauerer Betrachtung der identifizierten 10 Inflationsphasen wird jedoch deutlich, dass die Performance der Anlageklassen, so auch diejenige der Wandelanleihen und Aktien, stark variierte. Wenngleich Aktien und Wandelanleihen (siehe Grafik 5, oben) durchschnittlich jeweils positiv abschnitten, ist das Ergebnis für einzelne Phasen durchwachsener. In 4 von 10 Phasen zeigten Aktien sogar eine negative Performance. Dies traf auch auf Wandelanleihen zu, allerdings mit geringeren Verlusten. In diesen Phasen wirkten sich die steigenden Inputkosten vermutlich deutlich negativ auf die Unternehmensgewinnentwicklung aus.

Die Analyse zeichnet somit in einem inflationären Umfeld grundsätzlich ein positives Bild sowohl von Aktien als auch von Wandelanleihen. Dies kann jedoch nicht für alle Perioden verallgemeinert werden. Ein aus unserer Sicht wichtiger Faktor ist zudem die Bewertung des Aktienmarkts. Um dies aufzuzeigen, haben wir in der folgenden Grafik den Einfluss der Inflation (gemessen am jährlichen US-Verbraucherpreisindex CPI) auf das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV, y-Achse) am Aktienmarkt (hier der S&P 500 Index) analysiert.

 

Grafik 6: Zusammenhang zwischen Aktienbewertung und Inflationsrate

Quelle   Fisch Asset Management, Bloomberg, S&P 500, per 31.01.2022

 

 

Das Ergebnis ist eindeutig: je höher die Inflation, desto tiefer die KGVs, welche Investoren bereit sind zu zahlen. Auch in diesem Fall schlägt ein höherer Diskontfaktor auf zukünftige Gewinne durch. Interessant an obenstehendem Streudiagramm ist aber zudem, dass der Einfluss der Inflation auf KGVs bei tieferen Inflationszahlen (< 5%) weniger eindeutig ausfällt. In diesem Bereich sind offensichtlich andere Faktoren (wie Sektor und Preissetzungsmacht des Unternehmens) entscheidender für die Bewertung. Auch diese Erkenntnis machen wir uns, nebst der aktuellen Bewertung des gesamten Aktienmarkts, in der aktiven Selektion zu Nutze.

Aktives Management des Zinsänderungs- und Inflationsrisikos

Neben den bereits vorteilhaften Eigenschaften der Anlageklasse steuern wir das Zinsänderungsrisiko aktiv über die Sektor- bzw. Titelselektion der zugrundeliegenden Aktien. Im aktuellen Umfeld steigender Zinsen meiden wir Wandelanleihen aus zinssensitiven Sektoren, wie Telekommunikation und Immobilienwerte. Gleichzeitig investieren wir vorzugsweise in Wandelanleihen aus Sektoren, die von steigenden Zinsen profitieren sollten, wie Banken und Versicherer. Somit bieten die Portfolios durch eine gezielte Positionierung in Bezug auf zinssensitive Sektoren und Unternehmen einen zusätzlichen Schutz gegen das Zinsänderungsrisiko.

Die Selektion der Profiteure und Meidung der Verlierer bezüglich Veränderungen des Zinsniveaus geht aber weit über eine simple Sektorbetrachtung hinaus. Im aktuellen Umfeld erhalten gerade auch die Bewertungen der Aktien eine grosse Bedeutung. Teure Wachstumswerte (auch „expensive growth“ genannt) weisen dank ihres langfristigen Wachstumspotenzials sehr hohe Bewertungen auf. Die Gewinnerwartungen liegen dabei aber noch weit in der Zukunft. Gerade diese Werte reagieren oftmals stark negativ auf steigende Zinsen, da die zukünftigen Unternehmensgewinne in der Folge mit einem höheren Diskontierungsfaktor abgezinst werden müssen. Die Kursbewegungen alleine im Januar 2022 haben eindrücklich gezeigt, wie empfindlich besonders hochpreisige Werte reagieren können. Das folgende Streudiagramm zeigt die Performance (y-Achse) der den Wandelanleihen unterliegenden Aktien im Januar und das jeweilige Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV, x-Achse) der Aktie auf. Je höher das KGV, desto höher die Bewertung bzw. desto teurer die Aktie. Die Regressionslinie verdeutlicht, dass höher bewertete Unternehmen tendenziell eine schlechtere Performance aufwiesen.

Grafik 7: Hoch bewertete Aktien kamen im Januar 2022 stärker unter Druck

Quelle   Fisch Asset Management, Bloomberg, per 31.01.2022

 

Die Wandelanleihenuniversen (Indizes) sind jedoch unterschiedlich stark in diesen Werten mit teurer Bewertung exponiert. Die nachfolgende Analyse untersucht das Universum anhand des EV/Best Sales-Ratios. Diese Kennzahl setzt den aktuellen Firmenwert (enterprise value, EV) ins Verhältnis zu den Analystenschätzungen für die zukünftigen Umsätze über die nächsten 12 Monate. Auch hier bedeutet ein höheres Ratio eine teurere Bewertung. Die nachfolgende Tabelle zeigt die entsprechende Verteilung der Aktiensensitivität (Delta) der verschiedenen Universen auf:

Tabelle 1: Teure Unternehmen sind sehr unterschiedlich über die verschiedenen Wandelanleihenindizes verteilt

Quelle Fisch Asset Management, Bloomberg, Refinitiv, per 31.01.2022

 

Die Analyse bestätigt, dass gerade die Universen mit einem High-Yield-Anteil (Refinitiv Global Focus und Refinitiv Global Vanilla Index) stärker in teuren Werten exponiert sind. Die Investment-Grade-Universen sind im Gegenzug deutlich weniger stark in diesen teuren Segmenten vertreten. Dies lässt sich gut erklären, da viele Wachstumsunternehmen ein High-Yield-Rating aufweisen und somit in den Investment-Grade-Indizes nicht vertreten sind.

Auch diese Erkenntnis machen wir uns in der aktiven Portfoliosteuerung zu Nutze, indem wir teure Wachstumswerte meiden und verstärkt auf Wachstumswerte mit angemessener Bewertung (sogenannt „growth at a reasonable price“ = GAARP) setzen. Dies lässt sich am Beispiel der Positionierung unserer opportunistischen Strategie illustrieren. Das Portfolio wies per 31. Januar 2022 in den hochpreisigen Werten (> 10 EV/Sales) ein Untergewicht von 4% und in günstigeren Segmenten des Marktes ein Übergewicht auf.

Tabelle 2: Umsetzung des GAARP-Ansatzes in der opportunistischen Strategie

Quelle Fisch Asset Management, Bloomberg, Refinitiv, per 31.01.2022; Hinweise: MV=market value (Marktwert); Port w=Portfolio weight; Bench w=Benchmark weight; Active w=Active weight; EE=equity exposure (Aktiensensitivität)

 

Neben dem Management des Zinsänderungsrisikos steuern wir auch das Inflationsrisiko im Portfolio und zwar durch eine aktive Sektorallokation. Wie die untenstehende Grafik zeigt, reagieren Sektoren unterschiedlich auf höhere Inflation. Defensive Sektoren, wie Telekommunikation und Basiskonsumgüter, aber auch das Gesundheitswesen, schneiden im relativen Vergleich schlechter ab. Diese Erkenntnis nutzen wir in der Allokation und bevorzugen Sektoren, die in einem inflationären Umfeld tendenziell besser abschneiden, wie Werkstoffe, Energie und Technologie.

Grafik 8: Sektorperformance des US-Aktienmarkts in Phasen steigender Verbraucherpreise

Quelle   Fisch Asset Management, S&P Sektorindizes seit 1991 bis Ende Dezember 2021, Januar 2022

 

Aber nicht nur die Sektoren werden aktiv selektiert. Beim Verwalten des Inflationsrisikos, nutzen wir zudem die Erkenntnis (siehe Grafik 6), dass in einem tieferen Inflationsumfeld (<5%) andere Faktoren, neben dem höheren Diskontfaktor, deutlich entscheidender sind für die Bewertung der Aktienkurse in der Titelwahl. So setzen wir zum Beispiel sehr bewusst auf Unternehmen mit Preissetzungsmacht. Auch legen wir grosses Augenmerk auf Lohnkosten und meiden Unternehmen in sehr arbeitsintensiven Branchen und mit geringer Marge.

Fazit

Wandelanleihen konnten ihre vorteilhaften hybriden Eigenschaften auch in Phasen steigender Zinsen eindrücklich unter Beweis stellen. Und zwar nicht nur im direkten Vergleich mit anderen Anlageklassen, sondern auch im Vergleich zu einem 50:50 Mischportfolio. Darüber hinaus haben aktive Portfoliomanager die Möglichkeit, sich mit Fokus auf Zinsprofiteure und in Sektoren und Unternehmen mit Preissetzungsmacht zu positionieren, um zusätzlich von Zins- und Inflationsanstiegen profitieren zu können.

 

Fisch Asset Management AG,

T +41 44 284 24 24

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