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FischView
Monatliches Update – August 2023
von Beat Thoma
Zusammenfassung: Realität versus Erwartungen
- Die konsumbasierte US-Wirtschaft erweist sich als robust, während verarbeitungsintensive Volkswirtschaften Schwäche zeigen.
- Eine „sanfte Landung“ in Kombination mit bald wieder sinkenden Leitzinsen widersprechen sich, werden aber dennoch eingepreist, was zu negativen Überraschungen führen kann.
- In unseren Strategien mit Aktien- und High-Yield-Exposure bleiben wir weiterhin vorsichtig positioniert und bei Investment-Grade-Anleihen haben wir unsere Positionierung aufgrund der weiteren Verengung der Credit Spreads im letzten Monat auf neutral herabgestuft.
Wirtschaftliche Gesamtsituation
Die anhaltend sehr restriktive Geldpolitik fängt nun an, sich erkennbar auf Konjunktur und Inflation auszuwirken. Dies liegt an der üblichen Verzögerung von mindestens zwölf Monaten. Bisher sehen wir primär im verarbeitenden Gewerbe eine Verlangsamung, jedoch (noch) nicht beim Konsum und an den Arbeitsmärkten.
Aktuelle Entwicklungen: Die US-Wirtschaft sticht heraus
- Die globalen Aktienmärkte legten im Juli weiter zu, angefeuert durch Hoffnungen auf eine „sanfte Landung“ der Konjunktur und damit eine ausbleibende Rezession. Dies spiegelte sich auch in der gestiegenen Marktbreite und dem relativ besseren Abschneiden zyklischer Werte wider. Die weiterhin engen Spreads für Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen in den USA passen in dieses Bild.
- Sowohl die Fed als auch die EZB hoben Ende Juli wie erwartet ihre Leitzinsen um weitere 0.25% an. Aufgrund der gesunkenen, aber weiterhin zu hohen Inflationsraten bleiben sie bei ihrem datenabhängigen Ansatz und gaben keine konkreten Erwartungen für die weitere Zinsentwicklung ab. Die Bank of Japan kündigte an, ihre ultralockere Geldpolitik zu flexibilisieren, um eine weitere Abschwächung des Yen zu verhindern und der gestiegenen Inflation Rechnung zu tragen.
- Global existiert eine deutliche Divergenz zwischen den robusten Dienstleistungssektoren und dem schwächelnden verarbeitenden Gewerbe. Folglich zeigt sich die konsumbasierte US-Wirtschaft resilient, während sich die Schwächesignale aus verarbeitungsintensiven Volkswirtschaften wie China oder Deutschland mehren. In der Eurozone entfaltet die restriktive Geldpolitik bereits ihre Wirkung, was sich an der sinkenden Kreditvergabe der Geschäftsbanken und dem abnehmendem Konsumentenvertrauen zeigt. Chinas Wirtschaftserholung hat bisher enttäuscht und das Land kämpft mit einer drohenden Deflation, worauf die Regierung verschiedene Stimulusmassnahmen angekündigt hat.
Einschätzung & Ausblick: „Sanfte Landung“ und sinkende Zinsen – ein Widerspruch?
- Die positive Entwicklung der Aktienmärkte und die niedrige Volatilität auf beiden Seiten des Atlantiks spiegeln die erhöhte Risikobereitschaft der Investoren und basieren auf zwei Annahmen: einerseits eine „sanfte Landung“ der Konjunktur und andererseits bald wieder sinkende Leitzinsen aufgrund der fallenden Inflation. Während es für beide Annahmen separat betrachtet durchaus valide Argumente gibt, ist ein gleichzeitiges Eintreten beider Szenarien und ein Übergang hin zu einem „Goldilocks-Szenario“ äusserst unwahrscheinlich.
- Bei einer sanften Landung der Konjunktur erwarten wir bestenfalls eine stagnierende Inflation. Sie könnte auch wieder ansteigen, worauf die Leitzinsen jedoch weiter erhöht werden dürften. Die Zentralbanken können die Zinsen basierend auf ihrem Mandat eigentlich erst dann wieder lockern, wenn die Inflation nachhaltig gesunken und das Inflationsziel von 2% erreicht ist. Die Erfahrung aus den 1970er Jahren zeigt, dass eine zu frühe Lockerung zu einer noch stärkeren Inflationsdynamik führen kann, die wiederum mit noch drastischeren Zinserhöhungen bekämpft werden muss.
- Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schreibt von der „Herausforderung der letzten Meile“ hin zum langfristigen Inflationsziel von 2%. Die noch hohen Kerninflationsraten, die auf den angespannten Arbeitsmarkt und steigende Dienstleistungspreise zurückzuführen sind, erschweren den globalen Desinflationsprozess und können erst infolge eines Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sowie höheren Arbeitslosenzahlen nachhaltig sinken, was jedoch mit einer sanften Landung nur schwer vereinbar ist.
- Insofern sehen wir für Aktien- und High-Yield-Märkte weiterhin eine schwierige Ausgangslage und negatives Überraschungspotenzial, da sich entweder das Wirtschaftsumfeld schneller als erwartet eintrübt oder aber die Leitzinsen länger als erwartet hoch bleiben werden.
- Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass Plateaus am Ende eines Zinserhöhungszyklus die Regel sind, nicht die Ausnahme. Die Fed senkt die Zinsen jeweils, wenn eine Rezession imminent ist und sie die Wirtschaft stützen will und nicht schon, wenn das Ende einer Phase der Inflationsbekämpfung absehbar ist (siehe Chart).
Chart: Zinslockerungen orientieren sich an der Konjunktur, nicht der Inflation

Quelle Federal Reserve Bank of St. Louis, Fisch Asset Management
Positionierung: Weiterhin Vorsicht bei Aktien und High Yield und neutrale Einschätzung bei Investment-Grade-Anleihen
- In unseren Strategien mit Aktien- und High-Yield-Exposure positionieren wir uns aufgrund der getrübten Konjunkturaussichten gegenüber dem Vormonat unverändert defensiv, während wir aufgrund der bisherigen Resilienz der US-Wirtschaft ausgesuchte US-Titel aus dem Bereich Wachstum aufbauen.
- In Japan und den Emerging Markets schätzen wir die Wachstumsaussichten insgesamt positiver ein. Japan hat trotz der Flexibilisierung der Zinskurven-Kontrolle weiterhin eine äusserst lockere Geldpolitik mit positivem Einfluss auf den Aktienmarkt. Die Emerging Markets sind im monetären Straffungszyklus bereits weiter fortgeschritten und eine konjunkturelle Abschwächung könnte mit Zinssenkungen durch die Notenbanken bekämpft werden – wie wir es in Lateinamerika bereits sehen. Wir positionieren uns deshalb weiterhin neutral und nutzen interessante Opportunitäten bei Unternehmensanleihen.
- Bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen haben wir unsere Positionierung auf neutral herabgestuft, nachdem sich die Credit Spreads im letzten Monat weiter verengt haben. Auf dem aktuellen Niveau sehen wir begrenztes Aufwärtspotenzial durch eine weitere Einengung der Credit Spreads und wenig Schutz nach unten angesichts des restriktiven geldpolitischen Umfelds. Insgesamt bietet der Markt aber weiterhin einen attraktiven Zins-Carry, was zu einer positiven Total-Return-Erwartung führt.
- Bei langfristigen Staatsanleihen sehen wir unverändert sowohl positive (fallende Inflation, Konjunkturabkühlung) als auch negative Faktoren (hohe Treasury-Emissionsvolumen, potenziell weitere Zinsschritte). Wir positionieren uns bei Staatsanleihen und der Duration weiterhin neutral, wenngleich vorübergehend die negativen Faktoren überwiegen können.
- Da der Zinserhöhungszyklus der Zentralbanken nun weit fortgeschritten sein dürfte, sind wir bei Edelmetallen neu neutral eingestellt. Die global abkühlende Konjunktur dürfte sich bei Industriemetallen weiterhin negativ auswirken, bei Energie hingegen haben wir aufgrund zusätzlich dazukommender Angebotskürzungen eine neutrale Sicht.
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade |
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Credit High Yield |
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Wandelanleihen |
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Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
Auf dem Radar: Kann die US-Wirtschaft weiter überraschen?
Der Citi Economic Surprise Index misst für verschiedene Wirtschaftsräume das Ausmass positiver und negativer Überraschungen von publizierten Wirtschaftszahlen im Verhältnis zu den Markterwartungen. Wie man in folgender Grafik sieht, stieg der Index für die USA in den letzten Monaten relativ zum Euroraum stark an. Während der US-Index auf den höchsten Stand seit Anfang 2021 kletterte, waren die Werte für den Euroraum seit Messbeginn Anfang der 2000er Jahre nur zweimal noch tiefer – während der globalen Finanzkrise und zu Beginn der Corona-Pandemie.
In den USA fielen unter anderem das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal dieses Jahres, die Beschleunigung der realen privaten Konsumausgaben und der Rückgang der Inflation besser als erwartet aus. Auf der anderen Seite des Atlantiks wiederum haben diverse Wirtschaftszahlen enttäuscht. Insbesondere vorlaufende Indikatoren wie die schwachen Einkaufsmanagerindizes oder das abnehmende Konsumentenvertrauen deuten auf eine schwierige Ausgangslage für den Rest des Jahres hin.
Während also die restriktive Wirkung der Geldpolitik im Euroraum nicht zu übersehen ist, hält der robuste Konsum in den USA die US-Wirtschaft über Wasser – die hohen Zinsen schlagen bei den Konsumenten noch nicht voll durch. Das liegt daran, dass ein Grossteil der Schulden von privaten Haushalten noch an niedrigere, feste Zinssätze gebunden ist. Laut Moody’s waren im ersten Quartal dieses Jahres nur rund 11% der Haushaltsschulden an variable Zinsen gekoppelt und somit von gestiegenen Leitzinsen betroffen. Auf Seite der Unternehmen jedoch haben sich die Kreditvergabestandards der Banken weiter verschärft und die restriktive Geldpolitik kommt zunehmend zum Tragen. Es wäre historisch einmalig, wenn sich die US-Wirtschaft vom restriktiven Kreditzyklus abkoppeln könnte und damit eine Rezession vermeiden und weiter positiv überraschen könnte.
Chart: Citi Economic Surprise Index – eine Schere hat sich aufgetan
Quelle Citi, Bloomberg, Fisch Asset Management
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