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FischView
Monatliches Update – August 2025
von Beat Thoma
Zusammenfassung: Die Fed im Zielkonflikt
- Die global weiterhin expansive Liquiditätsdynamik stützt die Finanzmärkte. Trotz einzelner dämpfender Faktoren bleibt der Rückenwind für risikoreiche Anlagen vorerst bestehen.
- Die Fed steht vor einem Zielkonflikt: Der Inflationsdruck wird durch die Zölle zunehmen, während sich der Arbeitsmarkt spürbar abkühlt. Das Risiko einer zu späten Zinssenkung steigt – die Fed sollte das Beschäftigungsmandat priorisieren.
- Wir bleiben beim Risikoexposure neutral bis leicht übergewichtet und bei der Duration neutral positioniert.
Wirtschaftliche Gesamtsituation
Die Aktien- und Kreditmärkte sind weiterhin von einer expansiven Liquiditätsdynamik getragen, was auch das globale konjunkturelle Umfeld stützt. Dennoch hat sich das Wachstum im ersten Halbjahr spürbar verlangsamt, und die Inflation bleibt moderat erhöht. Die wirtschaftliche Unsicherheit bleibt hoch, vor allem durch die US-Zollpolitik, deren volle Wirkung noch bevorsteht. In den USA mehren sich die Anzeichen für eine wirtschaftliche Abkühlung, insbesondere am Arbeitsmarkt. Das Risiko, dass die Federal Reserve zu lange mit einer Leitzinssenkung zuwartet, nimmt zu.
Aktuelle Entwicklungen: Die Zölle werden kaum abgefedert
- Nach den jüngsten Handelsabkommen steuern die USA auf einen effektiven Zollsatz von 18-20% zu. Das ist bemerkenswert nahe an den 22% des «Liberation Day» und markiert eine Abkehr von einem Jahrhundert des US-geführten Freihandels. Die Auswirkungen sind volkswirtschaftlich ungleich verteilt – kleinere Firmen und Sektoren mit hohem Importanteil (z.B. Autos oder Textilien) sind überproportional betroffen. US-Arbeitsdaten zeigen, dass Unternehmen aus diesen Sektoren in den letzten Monaten kaum mehr neue Stellen geschaffen haben. Es drohen Stellenverluste, was den Konsum als Wachstumsmotor der US-Wirtschaft ins Stottern bringen dürfte.
- Die «Big Beautiful Bill» wird die Konjunktur nur wenig stimulieren. Viele der angekündigten Steuersenkungen wurden bereits in der ersten Trump-Administration eingeführt und werden jetzt verlängert. Aber die Staatsausgaben werden weiter markant zunehmen. Zu den 6.5% bis 7% des BIP pro Jahr werden noch rund 0.5% dazukommen. Das ist nicht nachhaltig, es müssten 2-3% sein. Zudem ist der Fiskalimpuls nicht hoch genug, um den Effekt der Zölle als Steuer auf Unternehmen und Konsumenten zu kompensieren.
Einschätzung & Ausblick: Die Fed steht vor einem Zielkonflikt
- Die seit Jahresbeginn stark gestiegene Liquidität hat dazu beigetragen, dass sich die globalen Aktienmärkte seit dem „Liberation Day“ Anfang April in einer bemerkenswerten Rallye rasch wieder erholt haben. Mit der Aufhebung der Schuldenobergrenze in den USA entfällt nun ein positiver Liquiditätsfaktor, da das US-Treasury sein Konto bei der Fed („Treasury General Account“) bis Ende September um rund 500 Mrd. US-Dollar wieder auffüllt. Dies entzieht dem Geldmarkt direkt Bankreserven und wirkt liquiditätsmindernd.
- Aus globaler Sicht überwiegen jedoch weiterhin die positiven Faktoren: Die People’s Bank of China hat die Geldmenge allein in den letzten sechs Monaten um rund 1500 Mrd. US-Dollar ausgeweitet. Zudem setzt das US-Treasury verstärkt auf kurzlaufende T-Bills, die als «geldähnlich» gelten und die Liquidität erhöhen. Rund 60% der Zentralbanken befinden sich weiterhin in einem Lockerungszyklus, was risikoreiche Anlagen stützt.
- Der US-Arbeitsmarkt hat sich zuletzt spürbar abgekühlt. Das Jobwachstum konzentriert sich auf wenige Bereiche wie Gesundheit & Bildung. Für künftige Zinsentscheide durch die Fed wird die Arbeitslosenrate entscheidend sein – deren weiterer Verlauf hängt davon ab, ob die sinkende Arbeitsnachfrage das rückläufige Arbeitsangebot (u. a. durch die restriktive Einwanderungspolitik) auf- oder überwiegt. Frühindikatoren zeigen jedoch zunehmende Schwierigkeiten bei der Jobsuche – ein weiterer Anstieg der Arbeitslosenrate ist wahrscheinlich.
- Die US-Inflation dürfte in den kommenden Monaten weiter anziehen. Umfragen zeigen, dass Firmen die höheren Importpreise mehrheitlich an die Konsumenten weitergeben werden – mit entsprechend inflationärer Wirkung. Die Fed steht damit vor einem Zielkonflikt, sollte jedoch ihr Beschäftigungsmandat priorisieren: Während der US-Arbeitsmarkt nachhaltig unter Druck geraten dürfte – Unternehmen müssen sich über Jahre an die neuen Zolltarife anpassen – wirkt der durch die Zölle ausgelöste Preisdruck temporär. Er wird zusätzlich durch sinkende Realeinkommen und eine nachlassende Wirtschaftsdynamik gedämpft. Die Kosten einer zu restriktiven Geldpolitik steigen somit rasch – eine Zinssenkung im September erscheint daher angemessen.
Chart: Jobsuche wird schwieriger – Arbeitslosenrate unter Druck

Positionierung: Neutral bis leicht erhöhtes Risikoexposure
- Die kräftige Liquiditätsausweitung seit Jahresbeginn hat die globale Aktienrallye, insbesondere seit dem „Liberation Day“ im April, spürbar unterstützt. Nun wirkt jedoch die Wiederauffüllung des Treasury-Kontos bei der Fed im Umfang von rund 500 Mrd. US-Dollar bis Ende September als liquiditätsdämpfender Faktor. Dennoch bleibt das Umfeld insgesamt unterstützend: Die chinesische Notenbank hat ihre Geldmenge massiv ausgeweitet, das US-Treasury bevorzugt T-Bills mit geldähnlichem Charakter, und ein Grossteil der Zentralbanken befindet sich weiterhin in einem expansiven geldpolitischen Zyklus.
- Vor diesem Hintergrund halten wir an unserer aktuellen Positionierung fest: Beim Risikoexposure (Aktiensensitivität bei Wandelanleihen und Kreditexposure bei Unternehmensanleihen) bleiben wir neutral bis leicht übergewichtet, während wir bei der Duration neutral positioniert sind.
- Gleichzeitig behalten wir potenzielle Stresssignale und Frühindikatoren genau im Blick. Besonders relevant ist hier die Entwicklung des US-Dollars. Eine weitere Abschwächung gegenüber dem japanischen Yen wäre als ernstzunehmendes Warnsignal zu werten. Sollte die Marke von 140 Yen pro US-Dollar unterschritten werden, könnte dies einen erheblichen Kapitalabfluss aus den USA in Richtung Japan auslösen. Weitere wichtige Indikatoren sind die Renditen langfristiger japanischer Staatsanleihen (30- und 40-jährige Laufzeiten) sowie die US-Geldmarktspreads (SOFR vs. Fed Funds).
- Sollten sich aus diesen Indikatoren konkrete Warnsignale ergeben, werden wir das Risikoexposure schrittweise reduzieren. Dabei ist es essenziell, das Verhalten der grossen Zentralbanken – insbesondere der Fed, BoJ und PBoC – genau zu beobachten. In einem Stressszenario ist mit einem raschen und entschlossenen Eingreifen zu rechnen, etwa durch Zinssenkungen, neue QE-Massnahmen oder direkte Liquiditätszufuhr, was die Märkte kurzfristig stabilisieren dürfte.
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Renditetreiber | |||||||||
Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade (Spreads) |
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Credit High Yield (Spreads) |
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Gesamtrendite | |||||||||
Wandelanleihen |
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Credit Inv. Grade | |||||||||
Credit High Yield | |||||||||
Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Die Tabelle fasst die Modellergebnisse für die Gesamtrendite von Wandelanleihen und Credit Investment Grade sowie High Yield zusammen, welche eine Funktion der aufgelisteten Renditetreiber sind. Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir für Europa deutsche Bundesanleihen.
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
Auf dem Radar: Das US-Treasury handelt kurzsichtig
Mit dem jüngsten „Quarterly Refunding Announcement“ hat das US-Treasury seine Pläne zur Refinanzierung des Rekorddefizits für das laufende Quartal offengelegt: Rund eine Billion US-Dollar soll aufgenommen werden, nachdem die Annahme der „Big Beautiful Bill“ durch den US-Kongress die Schuldenobergrenze von 36.1 auf insgesamt 41.1 Billionen US-Dollar erhöhte. Pikant dabei ist der Emissionsmix: Rund 53% der Neuemissionen sollen durch kurzlaufende T-Bills finanziert werden.
US-Finanzminister Bessent rechtfertigt den hohen T-Bill-Anteil mit den hohen Langfristzinsen und dem Ziel, einen weiteren Anstieg zu vermeiden. Zudem käme die ungewöhnlich starke Nachfrage nicht nur von Geldmarkfonds, sondern zunehmend auch von Stablecoin-Anbietern. Der im Juli verabschiedete GENIUS Act schreibt nämlich vor, dass Stablecoins 1:1 mit Cash oder T-Bills unterlegt werden müssen. Bessent sieht dabei einen künftigen Nachfrageboom: Die Marktkapitalisierung soll bis 2028 von heute 270 auf rund 2000 Mrd. US-Dollar ansteigen. Aufgrund der bisher begrenzten Nutzung jenseits des Krypto-Ökosystems ein äusserst optimistisches und unsicheres Szenario, das in keinster Weise die T-Bill-Schwemme rechtfertigen kann.
Die Strategie birgt zudem erhebliche Risiken. Das Refinanzierungsrisiko steigt und es gibt keine Garantie auf künftig niedrigere Zinsen, gerade auch weil die zunehmende Emission von „geldähnlichen“ T-Bills die Finanzmärkte und den Konsum stimulieren und so inflationsfördernd wirken. Kritiker sprechen dabei von verstecktem „Quantitative Easing“ (QE), was die Renditen langfristiger Treasuries um rund 50 Basispunkte drücken dürfte. Damit manipuliert das US-Treasury die Zinskurve und greift in den Hoheitsbereich der Fed ein.
Dass solche Massnahmen durch das US-Treasury überhaupt notwendig erscheinen, ist ein Warnsignal – nicht nur für die USA. Auch andere entwickelte Volkswirtschaften folgen diesem kurzsichtigen Pfad und haben den Anteil kurzlaufender Schuldtitel stark erhöht. Schwellenländer wiederum haben ihre Lehren aus der Asienkrise gezogen und ihre Abhängigkeit von kurzfristigen Schulden seither kontinuierlich reduziert.
Chart: Historisch hohe US-Schuldenaufnahme ausserhalb von Krisenzeiten

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