Für eine bessere Ansicht der Tabellen bitte im Querformat drucken

FischView

Monatliches Update – Januar 2023


von


Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

Beispiellose Straffung der EZB-Geldpolitik

Zusammenfassung

  • Derzeit ist nicht nur in den USA, sondern weltweit eine historisch einmalig restriktive Geldpolitik zu beobachten. Die Anzahl der Zinserhöhungen und anderer Liquiditätsschritte der Zentralbanken ist auf einem Rekordhoch.
  • Im Dezember fiel die EZB diesbezüglich auf, die ihre Bilanz um enorme 492 Milliarden Euro reduzierte.
  • Die restriktive Geldpolitik zeigt bereits jetzt global Wirkung: Viele Konjunkturindikatoren befinden sich mittlerweile auf Rezessionsniveau, Zinskurven invertieren immer stärker, die Immobilienpreise und Geldmengen fallen schneller.
  • Auch die Inflation fällt, während die Inflationserwartungen wieder leicht angestiegen sind. Letztere bleiben jedoch auf tiefem Niveau, was positiv für die Märkte ist.
  • Allerdings verlangsamen sich Konjunktur und Inflation aktuell noch nicht rasch genug, um den von vielen erhofften raschen und umfassenden geldpolitischen Wechsel zu ermöglichen. Wir rechnen mit ersten leichten Lockerungsschritten aber trotzdem ab dem Ende des ersten Quartals.
  • Auffallend ist die hohe Anzahl von Analysten, die eine Rezession erwarten. Damit besteht die Gefahr einer selbsterfüllenden Prophezeiung, die zu einer erhöhten Sparneigung der Konsumenten führen könnte und mittelfristig die Gefahr einer wirtschaftlichen Abschwächung zusätzlich erhöht.

Wesentliche Änderungen gegenüber dem Vormonat

  • Zusammen mit den knapp 500 Milliarden Euro im Dezember hat die EZB ihre Bilanz seit September um insgesamt 850 Milliarden Euro reduziert (siehe auch „Themen auf dem Radar“). Dabei handelt es sich um einen beispiellosen Entzug von Liquidität, der sich negativ an den Finanzmärkten bemerkbar machen dürfte und auch die globale Finanzmarktliquidität reduziert. Die EZB ist damit derzeit restriktiver als die Fed, welche ihre Bilanz im Dezember um weitere 40 Milliarden US-Dollar reduziert hat.
  • Diese global extrem restriktive Geldpolitik führt zu immer stärkeren Rezessionssignalen. Insbesondere sind die wichtigen Frühindikatoren des US Conference Board sowohl für die USA und Europa wie auch China und Japan mittlerweile auf Rezessionsniveau gesunken. Bestätigt werden diese Signale durch global stark invertierte Zinskurven sowie den Rückgang des Frachtvolumens in den USA (gemessen am ATA Truck Tonnage Index).
  • Positiv ist dagegen eine weltweit nachlassende Inflationsdynamik. Allerdings haben sich die Inflationserwartungen in letzter Zeit wieder leicht erhöht in den Bereich von 2.75%. Das ist immer noch sehr tief, dürfte aber den Rückgang der langfristigen Zinsen wie auch einen Wechsel der Geldpolitik tendenziell verzögern. Die Fed erteilte sogar Zinssenkungen bis Ende 2023 eine Absage.
  • Zudem schwächen sich die Konjunktur und der Arbeitsmarkt aktuell zwar ab, aber vorerst noch zu langsam, um einen raschen und umfassenden Geldpolitikwechsel zu erlauben. Erste Lockerungsschritte Ende des ersten Quartals sind aber dennoch möglich. Dies ist aber vermutlich zu spät, um eine Rezession noch zu verhindern. Die derzeit breit abgestützten Rezessionserwartungen könnten zudem zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen und das Konsumentenvertrauen senken.

Aktuelle Lage und Positionierung

  • Aufgrund positiver struktureller Gründe (tiefe Konsumentenverschuldung, solide Arbeitsmärkte) dürfte es trotz zunehmender Schwächezeichen nur zu einer milden Rezession kommen.
  • Damit wird aber auch der Rückgang der Inflation tendenziell verzögert und das Abwärtspotenzial bei den langfristigen Zinsen reduziert. Allerdings verhindert die restriktive und damit stark deflationäre Geldpolitik auch einen weiteren Anstieg der Zinsen am langen Ende. Insgesamt dürften die Sätze deshalb vorerst in einer relativ engen Bandbreite verbleiben, bis sich die Rezessionssignale weiter deutlich verstärken.
  • Trotzdem bleibt diese Mischung aus konjunktureller Abkühlung und gleichzeitig immer restriktiver Geldpolitik problematisch für die Finanzmärkte. Interessanterweise wurden die daraus resultierenden Gefahren an den Märkten trotz leicht fallender Kurse bisher teilweise ignoriert.
  • Eine Beschleunigung des negativen konjunkturellen Trends aufgrund von Rückkopplungseffekten mit einer negativen Konsumentenstimmung ist nicht auszuschliessen und in den aktuellen Kursen noch nicht eingepreist.
  • Da jedoch die Investorenstimmung nicht euphorisch ist und die Rezessionsängste wie erwähnt aktuell sehr gross sind, dürfte ein weiteres Abwärtspotenzial an den Aktien- und Kreditmärkten beschränkt sein. Ein Teil der möglichen negativen Entwicklungen ist aktuell bereits in den Kursen eingepreist und die Markttechnik deshalb neutral bis sogar leicht positiv. Trotzdem bleibt das Chancen-/Risikoverhältnis deutlich asymmetrisch und die Risiken überwiegen.
  • Eine defensive Positionierung bei Aktien und High-Yield-Unternehmensanleihen behalten wir deshalb weiterhin bei, solange sich keine monetäre Lockerung der Zentralbanken abzeichnet. Investment-Grade-Anleihen sowie Staatsanleihen bieten dagegen aufgrund eines mittelfristig wieder zunehmenden Zinssenkungspotenzials erste Kaufgelegenheiten. Dies gilt aufgrund der derzeit günstigen Bewertungen und eines tendenziell nachgebenden US-Dollars auch für Emerging-Markets-Anleihen.
  • Der US-Dollar bleibt bezüglich seiner Kaufkraftparität (PPP) deutlich überbewertet. Zudem wird die Geldpolitik ausserhalb der USA zunehmend gestrafft, was zusätzlichen Gegenwind für den US-Dollar bedeutet.

Themen auf dem Radar

Die EZB hat im Dezember ihre Bilanz wie erwähnt um 492 Milliarden Euro reduziert. Dies war eine Fortsetzung der Bilanzreduktion, die bereits im vergangen Juli begann und seither insgesamt 850 Milliarden Euro beträgt. Damit hat die EZB ihre Bilanz bisher um mehr als das Doppelte gegenüber der Fed verringert.

Es handelt sich hier um die Rückzahlung von TLTRO-III-Krediten durch das europäische Bankensystem. Die äusserst günstigen TLTRO-III-Kredite wurden in den letzten Jahren von der EZB an die Banken ausgegeben, mit dem Ziel die Kreditvergabe an die Unternehmen in der Eurozone anzukurbeln. Trotz offizieller Ankündigung einer schrittweisen Rücknahme dieser Kredite bereits im letzten September überrascht das Ausmass und die Geschwindigkeit. Hier dürfte ein Hauch von Panik aufgrund der derzeit hohen Inflationsraten in der EZB-Chefetage mitschwingen.

Das Bankensystem verliert damit massiv an Liquidität und indirekt auch an Geldern, die in die Aktien- und Anleihenmärkte investiert werden können. Möglicherweise ist die Wirkung dieses TLTRO-III-Abbaus weniger direkt und stark als bei Verkäufen von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren. Trotzdem entsteht hier eine potenzielle Gefahr für die Finanzmärkte und die Liquiditätsversorgung insgesamt. Zudem beginnen die Staatsanleihenverkäufe Ende März.

Die Wirkung dürfte mittelfristig aufgrund der international eng verknüpften Börsen auch global zu spüren sein. Interessanterweise haben die Finanzmärkte insbesondere in Europa diese Straffung der Geldpolitik durch die EZB bisher mehrheitlich ignoriert. Dies könnte aber in absehbarer Zeit zu negativen Überraschungen führen.

Chart: Die EZB reduzierte ihre Bilanz im Dezember massiv

Quelle   Trading Economics

Hinweise zu den Tabellen:

Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).

Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

Disclaimer


Die vorliegende Dokumentation dient lediglich zur Information und richtet sich ausschliesslich an institutionelle Anleger. Nicht institutionelle Anleger, die in Besitz dieser Dokumentation gelangen, werden gebeten, sie zu vernichten oder dem Absender zu retournieren. Dieses Dokument ist kein Emissionsprospekt und stellt weder eine Offerte noch ein Angebot zum Kauf von Finanzprodukten dar.

Bei der vorliegenden Dokumentation handelt es sich um eine Marketingunterlage und nicht um eine Finanzanalyse. Sie ist nicht in Einklang mit Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen erstellt worden und unterliegt auch keinem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen.

DIE HISTORISCHE PERFORMANCE IST KEINE GARANTIE FÜR DIE ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG.

Investitionen in Finanzprodukte sind mit Risiken verbunden. Potenziell droht ein Verlust des gesamten investierten Kapitals. Bezüglich der individuellen Risiken einer Anlage sei auf die jeweils gültigen Produktunterlagen verwiesen. Soweit die im Dokument enthaltenen Informationen aus externen Quellen stammen, kann Fisch Asset Management AG nicht garantieren, dass die Informationen richtig, vollständig und aktuell sind. Aussagen über zukünftige Entwicklungen und Schätzungen basieren auf Annahmen, die möglicherweise falsch sind, sich ändern können oder auf vereinfachten Modellen beruhen. Fisch weiss nicht, ob ihre Aussagen über zukünftige Entwicklungen eintreffen. Es ist auch möglich, dass Fisch ihre Meinung über eine zukünftige Entwicklung ändert. In diesem Fall wird Fisch niemanden über die Meinungsänderung informieren. Fisch weist ausdrücklich darauf hin, dass dieses Dokument nicht für private Anleger bestimmt ist und empfiehlt institutionellen Anlegern, sich vorgängig von Finanz-, Rechtsund Steuerexperten beraten zu lassen, die ihre individuelle Situation und das Produkt kennen. Dieses Dokument richtet sich insbesondere nicht an US-Personen (private oder institutionelle) im Sinne der FATCA-Gesetzgebung oder gemäss der SEC-Definition. USPersonen dürfen in keinen Anlagefonds investieren, der von Fisch verwaltet wird und Fisch ist auch nicht berechtigt, Mandate von US-Personen zu verwalten. Erfährt Fisch, dass eine US-Person in ein von ihr verwaltetes Produkt investiert ist, wird sie die Fondsleitung und gegebenenfalls weitere Personen informieren, verbunden mit der Aufforderung, dass die US-Person das Produkt verkauft. Fisch hat die Lagerung und Archivierung von Firmendaten an eine spezialisierte Drittfirma übertragen. Das Outsourcing beschränkt sich auf die Lagerung und Archivierung von Daten und erfolgt im Ausland. Die Bearbeitung der Daten bleibt firmenintern und wird nicht ausgelagert. Die Tätigkeit der spezialisierten IT-Firma umfasst im Wesentlichen die Aufsetzung und den Unterhalt der entsprechenden Server. Aufsichtsbehörde und Prüfgesellschaft sind von Fisch über die Auslagerung informiert worden und die datenschutz- und aufsichtsrechtlichen Anforderungen werden erfüllt. Fisch lehnt jede Haftung ab für Schäden, die direkt oder indirekt aus diesem Dokument abgeleitet werden.

Zurück