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FischView
Monatliches Update – Juni 2022
von Beat Thoma
Zusammenfassung: Ruhe vor dem Sturm?
- Die Konjunktur beginnt sich nach einer Abkühlung in den vergangenen Monaten sowohl in den USA und auch Europa wieder zu stabilisieren. Wir erachten das Rezessionsrisiko in diesem Jahr weiterhin als tief.
- Die Inflationserwartungen fallen nach einem temporären Anstieg wieder deutlich. Für die Zentralbanken besteht damit kein Druck, die Geldpolitik nochmals zu verschärfen.
- Die Zinskurvenstruktur bestätigt aktuell dieses ausgewogene Umfeld. Auch die Inflationsraten selbst haben ihren Höhepunkt global überschritten.
- Der Arbeitsmarkt und die Immobilienmärkte in den USA beginnen sich leicht abzukühlen und sorgen damit zusätzlich für abnehmenden Inflationsdruck.
- Die Geldpolitik in den USA und Europa wird im Rahmen der Erwartungen trotzdem restriktiver. Dies geschieht mittels Zinserhöhungen und direkter Geldmengensteuerung über die Zentralbankbilanzen.
- Das temporäre Erholungspotenzial aufgrund der aktuell negativen Marktstimmung könnte nur eine „Ruhe vor einem Sturm“ im Herbst sein. Die hohen Risiken für das Finanzsystem lassen das Chancen-/Risikoverhältnis daher ausgesprochen asymmetrisch erscheinen.
Wesentliche Änderungen gegenüber dem Vormonat
- Der Ukrainekrieg rückte in der direkten Bedeutung für die Finanzmärkte weiter in den Hintergrund. Die Risiken dürften hier aber deutlich unterschätzt werden. Die Gefahr einer erneuten Eskalation bleibt hoch, da Russland immer stärker in die Enge getrieben wird und seine ursprünglichen Ziele klar verfehlt. Dies kann zu nur schwer abzuschätzenden Befreiungsschlägen führen mit stark negativen Folgen für die globalen Märkte.
- Die aktuellen Konjunkturindikatoren in den USA und der Eurozone stabilisieren sich nach einem längeren Rückgang. China öffnet langsam seine Wirtschaft nach dem jüngsten Pandemie-Lockdown und lockert ebenso wie Japan weiter seine Geldpolitik. Insgesamt bleibt damit das globale Konjunktur- und Finanzmarktsystem ausgewogen.
- Die US-Notenbank hat aber kürzlich ihre Rhetorik verschärft und beschleunigt damit den Zinsanstieg der US-Treasuries. Sie hat ausserdem einen starken Abbau ihrer Bilanz in der Grössenordnung von 60 bis 95 Milliarden US-Dollar monatlich ab Juni bestätigt. Auch die EZB tritt monetär verstärkt auf die Bremsen: sie beendet ihr Anleihenkaufprogramm und kündigt baldige Zinserhöhungen an.
- Der Bilanzabbau der Fed wirkt wesentlich stärker als Zinserhöhungen, dürfte aber erst in einigen Monaten mit der üblichen zeitlichen Verzögerung zu Problemen an den Finanzmärkten und beim aktuell noch soliden Wirtschaftswachstum führen.
- Zudem haben die nach einem kurzen Zwischenanstieg wieder fallenden Inflationserwartungen eine dreifach positive Wirkung: Erstens müssen die Zentralbanken ihre Geldpolitik nicht noch weiter verschärfen, zweitens wird die Konsumentenstimmung stabilisiert und drittens werden gefährliche Lohn-Preisspiralen gedämpft.
- Gleichzeitig kühlen in den USA der Arbeitsmarkt und die Immobilienmärkte moderat ab. Das hat noch keine stark negative Auswirkung auf die Konjunktur, sorgt aber für zusätzliche Entspannung bei der Inflationsentwicklung.
- Die Struktur der Zinskurve sowohl in den USA wie auch in Europa bestätigt, dass die Zentralbanken die Lage noch unter Kontrolle haben. Das kurze Ende (3 Monate / 10 Jahre) ist steil und signalisiert damit eine stabile Konjunktur. Das lange Ende (10 Jahre / 30 Jahre) ist flach und bestätigt tiefe Inflationserwartungen.
Aktuelle Lage und Positionierung
- Verschiedene Konjunkturindikatoren in den USA und Europa signalisieren eine Stabilisierung und damit weiterhin ein sehr tiefes Rezessionsrisiko. Dies wird durch die verhältnismässig steilen Zinskurven im Bereich zwischen 3 Monaten und 10 Jahren bestätigt. Historisch kam es vor einer Rezession stets zu einer vollständigen Abflachung oder sogar einer Inversion.
- Die Fed und die EZB werden in ihrer Geldpolitik aber deutlich restriktiver. Insbesondere steht ein massiver Bilanzabbau der US-Notenbank (durch Verkäufe von Staatsanleihen) ab Juni bevor. Die daraus folgende direkte Verminderung der Geldmenge dürfte stark negative Auswirkungen sowohl auf die Konjunktur als auch auf die Börsen haben, denn Geldmengenveränderungen sind viel wirksamer als Zinserhöhungen. Die Erfahrung aus früheren Zyklen zeigt jedoch, dass die Wirkung erst mit einer zeitlichen Verzögerung von drei bis sechs Monaten eintritt.
- Die Realzinsen (Fed Funds Rate minus Inflationsrate) sind zudem derzeit noch tief beziehungsweise sogar klar negativ, was auf die Konjunktur und die Aktienmärkte stark unterstützend wirkt. Ab September droht aber eine bedeutende Verschlechterung. Bis dann werden die nominalen Fed Funds weiter angehoben und die Inflationsraten sollten deutlich tiefer liegen, was einen starken Anstieg der Realzinsen ergibt.
- Falls sich die Aktien- und Kreditmärkte im oben geschilderten Umfeld in den kommenden Wochen positiv entwickeln, gleichzeitig aber die Zinsen steigen und die Liquidität durch die Notenbanken reduziert wird (Bilanzreduktion), droht eine dem Jahr 1987 vergleichbare Entwicklung. Damals baute sich ebenfalls eine gefährliche Spannung zwischen steigenden Bewertungen der Aktienmärkte und gleichzeitigem „Sauerstoffentzug“ durch die Geldpolitik auf. Diese Divergenz führte damals zu einer heftigen Marktkorrektur, allerdings zeitlich sehr begrenzt und ohne Rezession.
- Insgesamt wirken damit kurzfristig eine Reihe positiver Faktoren bei einem mittelfristig sich deutlich verschlechternden Umfeld. Viel Negatives ist kurzfristig eingepreist, während die negativen Folgen der Bilanzverkleinerung durch die Fed unserer Ansicht nach unterschätzt werden. Deshalb kann das aktuelle Umfeld als „Ruhe vor einem möglichen Sturm“ bezeichnet werden. Die Chancen und Risiken sind damit weiterhin sehr asymmetrisch verteilt.
Themen auf dem Radar
Aktuell ist die Investorenstimmung nahe an historischen Tiefständen. Die Aktien- und Kreditmärkte haben weltweit korrigiert und die Bewertungen sind wieder realistischer. Aus markttechnischer Sicht ergeben sich daraus kurz- bis mittelfristig wieder positivere Signale als in den vergangenen Wochen.
Viele negative Entwicklungen sind eingepreist, insbesondere die bisherigen Zinserhöhungen und potenzielle Rezessionsgefahren. Gleichzeitig stabilisiert sich die Konjunktur in den USA und Europa, die Inflation sowie die Inflationserwartungen beginnen zu fallen und China und Japan lockern ihre Geldpolitik deutlich. Das bedeutet global ein vorerst wieder ausgewogenes Finanzmarktumfeld, das Raum für positive Überraschungen bietet.
Allerdings dürfte der Effekt der Bilanzreduktion der US-Zentralbank von den Marktteilnehmern unterschätzt werden. Die Fed beginnt im Juni mit Verkäufen von 50 Milliarden US-Dollar und steigert auf 95 Milliarden monatlich ab August. Dies entspricht einem historisch noch nie gesehenen Liquiditätsentzug. Die Auswirkungen auf die Börsen und Konjunktur dürften mit einer gewissen Verspätung spätestens ab Oktober deutlich zu spüren sein.
Chart: Marktstimmung extrem negativ – Raum für positive Überraschungen

Quelle SentimenTrader
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade |
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Credit High Yield |
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Wandelanleihen |
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Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
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