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FischView
Monatliches Update – Juni 2023
von Beat Thoma
Marktbreite und Liquidität fallen dramatisch
Zusammenfassung
- Zinssenkungen durch die Notenbanken erwarten wir nur im Fall einer Rezession, mit der wir für die USA im zweiten Halbjahr weiterhin rechnen.
- Bleiben die Konjunktur und die Arbeitsmärkte dagegen robust, droht ein Wiederaufflackern der Inflation und deshalb weiter steigende Zinsen.
- Damit besteht in beiden Szenarien ein schwieriges fundamentales und monetäres Umfeld für die Aktien- und High-Yield-Kreditmärkte.
- Die Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA wird in den kommenden Monaten zu massiv höheren Emissionen von US-Staatsanleihen führen. Das sorgt temporär für Aufwärtsdruck bei den langfristigen Zinsen.
- Die Inflation fällt global, allerdings nur langsam. Ab Mitte des Jahres fallen Basiseffekte weg und ein weiterer Rückgang wird damit noch schwieriger.
- Die Aktien- und High-Yield-Kreditmärkte sind weiterhin verhältnismässig hoch bewertet. Investment-Grade-Unternehmensanleihen bieten dagegen interessante Einstiegsmöglichkeiten.
- Aktuell wirken der anhaltend starke Geldmengenrückgang sowie eine sehr tiefe Marktbreite technisch belastend für die Finanzmärkte. Positiv sind hohe Short-Positionen und eine eher pessimistische Marktstimmung.
Wesentliche Änderungen gegenüber dem Vormonat
- Die hohen kurzfristigen Staatsanleihenzinsen von 5% in den USA und 3% in Europa dämpfen zwar das verarbeitende Gewerbe (Manufacturing) und die Investitionstätigkeit, haben aber paradoxerweise einen positiven Effekt auf die Konsumenten, da hohe Zinserträge auf die Ersparnisse generiert werden, die nun ausgegeben werden. Diese Kompensation ist aktuell umso stärker, als die Ersparnisse während der Corona-Pandemie deutlich angestiegen sind und die Zinsen in den vergangenen Monaten historisch einmalig stark angehoben wurden.
- Trotzdem schwächen sich verschiedene wichtige Konjunktur- und Arbeitsmarktindikatoren (Zinskurven, Conference Board LEI, Jobless-Claims) global stetig weiter ab. Die Rezessionswahrscheinlichkeit gemäss der Fed Cleveland ist mittlerweile für die zweite Jahreshälfte auf 75% angestiegen. Deutschland hat zudem bereits seit zwei Quartalen ein leicht negatives Wirtschaftswachstum. Auch wir gehen davon aus, dass in den USA im zweiten Halbjahr eine Rezession eintreten wird.
- Auch die Inflationsraten fallen weiter, zwar verhältnismässig langsam, aber trotzdem noch innerhalb eines langfristig zu beobachtenden typischen Musters. Bis in den Monat Juli wirken zudem noch relativ starke Basiseffekte, die das Inflationsniveau um rund 1.5% bis 2% senken dürften (auf unter 4% in den USA).
- Danach dürfte es aber zu einer Konsolidierung der Inflationsraten oder sogar zu einem leichten Wiederanstieg kommen. Die Gründe dafür sind einerseits der Wegfall der erwähnten Basiseffekte und ein bereits jetzt erkennbares Wiederanziehen der Mietpreisinflation (insbesondere in den USA, aber auch teilweise in der Eurozone). Dies wird auch durch die jüngsten, hartnäckig hohen PCE-Inflationszahlen in den USA bestätigt, die stark von den Mietpreisen beeinflusst sind.
- Die Anhebung der US-Staatsschuldenobergrenze wird in den kommenden Monaten zu einer massiv erhöhten Emission von Staatsanleihen führen. Zwar wirkt dies liquiditätsmindernd an den Finanzmärkten, fördert aber die Konjunktur und die Inflation.
Aktuelle Lage und Positionierung
- Aufgrund der erwähnten global sehr soliden Konsumausgaben (wegen den aktuell hohen Zinsen auf Sparguthaben), der Gefahr eines Wiederaufflackerns der Inflation und bald wieder erhöhten Staatsausgaben (nach der Anhebung der Schuldenobergrenze) ist mit keiner schnellen geldpolitischen Wende zu rechnen. Die Notenbanken sind trotz langsam abkühlender Konjunktur gezwungen, weiterhin Liquidität aus dem System zu nehmen.
- Zusätzlich liquiditätsmindernd ist eine stark rückläufige Kreditvergabe aufgrund der noch immer schwelenden Bankenkrise in den USA und dem damit verbundenen Abfluss von Bankeinlagen. Zudem werden die Kreditvergabebedingungen („Lending Standards“) deutlich verschärft. Auch in Europa ist die Kreditvergabe der Banken rückläufig. Insbesondere Schuldner mit tieferer Bonität spüren bereits jetzt zunehmenden Gegenwind bei der Refinanzierung ihrer Schulden.
- Anhaltend schwache Immobilienmärkte sowohl in den USA als auch in Europa sowie der Verkauf von Staatsanleihen durch die Notenbanken (Fed, EZB) und das US-Treasury von geschätzt mehr als 900 Milliarden US-Dollar in den kommenden Monaten verstärken zudem den ohnehin schon starken Liquiditätsentzug an den Finanzmärkten. Alle erwähnten liquiditätsmindernden Faktoren wurden in den vergangenen Monaten teilweise durch Sonderfaktoren (Notfall-Liquidität, Abbau des „Treasury General Account“, private Geldschöpfung) kompensiert. Diese Kompensationseffekte fallen jetzt aber mehrheitlich weg, und es muss mit einem wieder verstärkten Einfluss der restriktiven Geldpolitik gerechnet werden.
- Insgesamt ergibt sich daraus weiterhin ein schwieriges Umfeld für die Aktien- und High-Yield-Märkte. Die Kombination aus schnell fallender Liquidität und einer Abschwächung der Konjunktur und der Unternehmensgewinne liefert hier starken Gegenwind. Gleichzeitig sind die Bewertungen immer noch verhältnismässig hoch. Es besteht damit kein Risikopuffer. Eine Rezession ist nicht eingepreist.
- Wir bleiben deshalb in unseren Strategien mit Aktien- und High-Yield-Exposure defensiv positioniert. Markttechnische Indikatoren (abnehmende Marktbreite) bestätigen hier kurzfristige Gefahren. Langfristigen Staatsanleihen könnten kurzfristig unter Druck geraten (wegen der hohen Emissionen aufgrund der Anhebung der US-Schuldenobergrenze) dann aber wieder zulegen. Daraus ergibt sich auch ein neutrales bis leicht positives Umfeld für Investment-Grade-Unternehmensanleihen, auch in den Emerging Markets.
Themen auf dem Radar
An den US-Aktienmärkten nimmt die Marktbreite in historisch selten zu beobachtendem Ausmass ab. Seit Mitte März läuft der breite Markt gemessen am Russel 2000 Index deutlich schlechter als der S&P 500, wie die obige Grafik eindrücklich zeigt. D.h. mit der grossen Mehrheit der Aktien hat man seit März kein Geld mehr verdient. Von den 500 Aktien im S&P 500 sind nur acht (!) Titel angestiegen (Apple, Tesla, Microsoft, Nvidia, Facebook/Meta, Amazon, Netflix und Google/Alphabet). Mit allen anderen wurde dagegen Geld verloren.
Dies ist ein indirektes Signal einer schnell abfliessenden Finanzmarktliquidität und dürfte in absehbarer Zeit auf die Investorenstimmung drücken. Viele Anleger sind trotz Höchstständen in einzelnen Indizes im Minus (auch auf Jahresbasis) und dürften deshalb immer beunruhigter werden.
Abnehmende Marktbreite kann bildlich mit einer Armee im Angriff beschrieben werden, in der nur noch einige wenige Generäle nach vorne stürmen, die Truppe aber bereits in die Gegenrichtung abrückt. So eine Schlacht ist schwer zu gewinnen. Dementsprechend waren Marktbreitenschwankungen in der Vergangenheit stets gute mittelfristige Timing-Signale. Sie sind Ausdruck einer zunehmenden Spannung zwischen Auftriebskräften und abnehmender Liquidität.
Chart: Marktbreite am US-Aktienmarkt nimmt dramatisch ab

Quelle Refinitiv Eikon, Fisch Asset Management
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade |
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Credit High Yield |
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Wandelanleihen |
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Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
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