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Monatliches Update – Juni 2024


von


Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

Globale Ausgleichskräfte

Zusammenfassung

  • Die aktuelle konjunkturelle Abkühlung trotz noch sehr günstigem Umfeld in den USA ist ungewöhnlich.
  • Insbesondere beginnt der bisher sehr starke Konsum zu schwächeln, obwohl der US-Arbeitsmarkt noch robust ist. Letzterer war historisch stets der Haupttreiber für das Konsumverhalten.
  • Die Entwicklung in den USA wird aber durch eine Stabilisierung der Konjunktur in Europa und China kompensiert. Deshalb bleiben wir beim Risikoexposure und der Duration insgesamt noch neutral positioniert.

Wirtschaftliche Gesamtsituation

Immer mehr Indikatoren bestätigen eine beginnende konjunkturelle Abkühlung in den USA. Diese Abkühlung ist allerdings ungewöhnlich, da die bisherigen Haupttreiber der Konjunktur immer noch positiv sind: Dazu zählen die hohen Staatsausgaben und die sehr gute Liquiditätsversorgung. Und auch der Arbeitsmarkt ist vorerst noch solide. Trotzdem schwächen sich die Einzelhandelsumsätze und die Konsumentenstimmung ab. Allerdings stabilisiert sich die Wirtschaftsentwicklung in Europa, China und einigen anderen Schwellenländer seit kurzem und kompensiert damit zumindest teilweise die Entwicklung in den USA.

Aktuelle Entwicklungen: Liquiditätsversorgung gefährdet

  • Die bisher sehr hohe Liquiditätsversorgung des US-Finanzsystems dürfte sich in den kommenden Monaten deutlich abschwächen. Der Hauptgrund ist der stagnierende Kapitalfluss aus der „Overnight Reverse Repo Facility“ (Überschussreserven der US-Banken und Geldmarktfonds) in die US-Staatsanleihenmärkte. Der Rückfluss dieser Gelder in der Grössenordnung von 2000 Milliarden US-Dollar in den vergangenen rund 12 Monaten hatte die restriktive Geldpolitik der Fed klar überkompensiert.
  • Trotz des anhaltenden Liquiditätsflusses und weiterhin extrem hohen US-Staatsausgaben beginnt sich die wichtigste Stütze der Konjunktur, der Güter- und Dienstleistungskonsum, abzuschwächen. Es besteht damit die Gefahr einer schnellen Abkühlung der US-Konjunktur, die ohnehin auf einem unausgewogenen, rein konsumgetriebenen Fundament steht.
  • Allerdings stabilisiert sich die Konjunktur in Europa und China bei gleichzeitig abnehmenden Inflationsdruck. Auf globaler Ebene erscheint damit das konjunkturelle Umfeld insgesamt noch ausgeglichen.

Einschätzung & Ausblick: Wirkung der Stimuli wird schwächer

  • Historisch schwächte sich der Güter- und Dienstleistungskonsum in den USA jeweils erst nach einer deutlichen Abkühlung des Arbeitsmarktes und der Konjunktur ab. Und der Arbeitsmarkt seinerseits reagierte stets mit einer gewissen Verzögerung negativ auf steigende Zinsen, eine restriktive Geldpolitik und fallende Geldmengen. Aktuell scheint diese Reihenfolge ungewöhnlicherweise umgekehrt zu sein. Der Konsum lässt nach, während die US-Konjunktur durch hohe Staatsausgaben am Laufen gehalten wird und noch viel Liquidität im System zirkuliert. Der US-Konsument scheint somit auf die verschiedenen monetären und staatlichen Stimuli immer weniger anzusprechen.
  • Wir beobachten diese Entwicklung deshalb genau, da der Güter- und Dienstleistungskonsum die einzige, allerdings sehr starke, Stütze der US-Konjunktur ist. Das verarbeitende Gewerbe sowie kleinere und mittlere Unternehmen haben dagegen bereits seit einiger Zeit Probleme. Insgesamt bestehen deshalb Ungleichgewichte in den USA, die mittelfristig die Finanzmärkte stören könnten.
  • Die gegenwärtigen Unsicherheiten werden durch die erwähnte rückläufige Liquiditätsversorgung aus der „Overnight Reverse Repo Facility“ erhöht. Die Fed beobachtet die diesbezüglichen Gefahren allerdings genau und hat mit der Ankündigung einer Reduktion des Bilanzabbaus (QT) ab Juni dieses Jahres bereits reagiert. Die Verlangsamung des QT kam überraschend und soll einer übermässigen Liquiditätsverknappung entgegenwirken. Im Fall grösserer Turbulenzen wäre sogar wieder mit einer Bilanzausweitung und anderen monetären Hilfsmassnahmen zu rechnen, welche eine Eskalation der Situation begrenzen dürften.
  • Allerdings erschwert eine nach wie vor hartnäckige Inflationsentwicklung die Arbeit der Fed. In den vergangenen Jahren konnten Probleme beim Wirtschaftswachstum und an den Finanzmärkten stets mit der Notenpresse gelöst werden, ohne negative Nebeneffekte auf die Inflation auszulösen. Das wird im aktuellen reflationären Umfeld immer schwieriger. Eine zu lockere Geldpolitik kann jederzeit wieder zu höheren langfristigen Zinsen und zu einem schwächeren US-Dollar führen.

Chart: Die US-Konsumentenstimmung schwächt sich ab

Positionierung: Weiterhin keine klaren Verkaufssignale

  • Auf globaler Ebene wirken wie erwähnt ausgleichende Kräfte. Zusammen mit der noch grosszügigen Liquiditätsversorgung und den bis mindestens zu den Präsidentschaftswahlen weiter massiv erhöhten Staatsausgaben ist es damit aktuell noch zu früh, das Risikoexposure (Aktien und Kredit) deutlich zu reduzieren. Zudem liefern unsere markt- und bewertungstechnischen Indikatoren weiterhin zwar Warn-, aber noch keine Verkaufssignale. Wir bleiben deshalb trotz hoher Bewertungen und tiefer Risikoprämien neutral positioniert.
  • Bei den langfristigen Staatsanleihenzinsen wirken in den USA eine Reihe von Aufwärtskräften: Dazu zählen die anhaltend hohe Staatsverschuldung, die hartnäckige Inflation und Staatsanleihenverkäufe verschiedener Notenbanken (inklusive der Fed). Damit ist selbst im Fall einer weiteren konjunkturellen Abschwächung sowie einer baldigen Zinssenkung der Fed nicht mit deutlich tieferen langfristigen Zinsen zu rechnen. Wir positionieren uns von der Duration her deshalb neutral. In Europa wirken am langen Ende ähnliche, aber deutlich weniger starke, zinstreibende Kräfte als in den USA. Da das Zinsniveau hier aber schon deutlich tiefer ist, dürfte eine EZB-Leitzinssenkung keine grossen Auswirkungen auf das lange Ende der Zinskurve haben. Auch hier sind wir deshalb bei der Duration neutral positioniert.
  • Eine stark steigende US-Staatsverschuldung, eine abkühlende Konjunktur und Zentralbankverkäufe von US-Staatsanleihen sind Belastungsfaktoren für den US-Dollar. Ein möglicherweise tieferer Dollar und die hartnäckige Inflation sind dagegen positiv für den Goldpreis.

Hinweise zu den Tabellen:

Hinweise zu den Tabellen: Die Tabelle fasst die Modellergebnisse für die Gesamtrendite von Wandelanleihen und Credit Investment Grade sowie High Yield zusammen, welche eine Funktion der aufgelisteten Renditetreiber sind. Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir für Europa deutsche Bundesanleihen.

Auf dem Radar: Eine Liquiditätsquelle versiegt

In den USA scheint eine seit einem Jahr sprudelnde Liquiditätsquelle zu versiegen. Die „Overnight Reverse Repo Facility“ (Überschussreserven der Banken und Geldmarktfonds) stagniert seit einigen Wochen im Bereich von 450 Milliarden US-Dollar (siehe folgende Grafik) und fällt nicht mehr weiter. Damit fliesst keine Liquidität mehr von diesen Konten bei der Fed in die US-Staatsanleihenmärkte. Der bisherige Rückgang von mehr als 2300 Milliarden auf das aktuelle Niveau war ein wichtiger Treiber für die Finanzmarktliquidität und die starken Aktien- und Kreditmärkte.

Damit dürfte in absehbarer Zeit auch die Geldmenge M2 wieder fallen (siehe Grafik), was mittelfristig die Konjunktur, die Aktien- und Kreditmärkte, aber auch die Inflation dämpfen dürfte.

Allerdings hat die Fed die damit verbundenen Gefahren einer Liquiditätsverknappung bereits erkannt und hat eine monatliche Reduktion des „Quantitative Tightenings“ (QT/Bilanzabbau) angekündigt. Zudem wird die Systemliquidität genau überwacht. Unruhen wie Ende 2019 (beim letzten QT) sollen damit verhindert werden.

Insgesamt liefert die aktuelle Entwicklung hier noch kein Verkaufssignal für die Finanzmärkte. Verzögerungseffekte bei Geldmengenveränderungen und die gute Überwachung durch die Fed dürften zumindest vorerst grösseren Schaden verhindern.

Chart: Reverse Repos fallen nicht mehr

Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

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