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FischView

Monatliches Update – Juni 2025


von


Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

Zusammenfassung: Der US-Fiskus zurück im Rampenlicht

  • Die globale Konjunktur bleibt dank guter Liquiditätsversorgung vorerst widerstandsfähig – fiskalische und handelspolitische Risiken bedeuten jedoch zunehmenden Gegenwind.
  • Die US-Fiskalpolitik bleibt prozyklisch und kaum tragfähig – steigende Laufzeitprämien und eine bevorstehende Emissionswelle nach Aufhebung der Schuldenobergrenze belasten den Anleihemarkt strukturell.
  • Wir bleiben beim Risikoexposure insgesamt weiterhin in einer neutralen Bandbreite positioniert, bei US-Staatsanleihen jedoch vorsichtig.

Wirtschaftliche Gesamtsituation

Verschiedene gleichlaufende Konjunkturindikatoren – wie etwa Nowcasting-Indikatoren für die USA und Europa – zeigen sich weiterhin widerstandsfähig, da Verbraucher und Unternehmen ihre Einkäufe vor Inkrafttreten der Zölle vorzogen. Zudem sind die global weiterhin sehr gute Liquiditätsversorgung und die sich wieder erholenden Aktienmärkte eine wichtige Stütze für das Wirtschaftswachstum. Die anhaltend hohe Unsicherheit infolge der vielen Wendungen in der US-Zollpolitik sowie die global gestiegenen Zinsen bedeuten jedoch Gegenwind für die globale Konjunktur.

Aktuelle Entwicklungen: Zollgewitter und Schuldensturm

  • Im Mai ging der US-Zollkrimi nach Präsident Trumps bekanntem Muster weiter – die Wall Street spricht bereits vom «TACO Trade»: Trump Always Chickens Out. Die angedrohte Zollerhöhung auf EU-Importe vom 23. Mai etwa wurde bereits zwei Tage später wieder verschoben – der Abverkauf an den Börsen dauerte entsprechend nur wenige Stunden.
  • Der Anstieg langfristiger Renditen an den Bondmärkten rückte wieder in den Fokus. Die Märkte sind sich erneut der langfristigen finanziellen Risiken des US-Bundeshaushalts bewusst geworden, die mit Präsident Trumps geplantem «One Big Beautiful Bill Act» verbunden sind. Das Steuergesetz würde die US-Verschuldung in den nächsten zehn Jahren um weitere geschätzte 4 bis 5 Billionen US-Dollar erhöhen.
  • Auch in Japan haben anhaltend hohe Inflationsraten, Diskussionen über Senkungen der Mehrwertsteuer und die graduelle quantitative Straffung der Notenbank (BoJ) zu einem Ausverkauf langfristiger Staatsanleihen (JGBs) geführt. Nur nachdem die BoJ weitere Zinserhöhungen in Aussicht stellte und die Behörden weniger Emissionen langlaufender JGBs signalisierten, hat sich die Lage stabilisiert.

Einschätzung & Ausblick: Fiskalpower mit Nebenwirkungen?

  • Nicht nur von den Märkten, auch von der Justiz kommt Widerstand gegen die Zollpolitik der Trump-Regierung: Das «U.S. Court of International Trade» erklärte die reziproken Zölle für verfassungswidrig, was von Präsident Trump vor dem Bundesberufungsgericht erfolgreich angefochten wurde und wohl noch vor den Obersten Gerichtshof gelangen wird. Die reziproken Zölle von 10% gegen praktisch alle Handelspartner bleiben also vorerst bestehen. Zudem kann die US-Regierung auch über andere Wege Strafzölle auf einzelne Länder erheben. Trotzdem schafft die Lage zusätzliche Unsicherheit, was die Verhandlungen über Handelsabkommen verlangsamen könnte.
  • Ein zentrales Problem der US-Fiskalpolitik besteht darin, dass sie zunehmend prozyklisch wirkt – trotz Vollbeschäftigung beträgt das US-Haushaltsdefizit unglaubliche 7% des BIP. Diese Entwicklung begann unter Präsident Trumps erster Amtszeit, als Steuersenkungen und höhere Defizite trotz robuster Konjunktur beschlossen wurden – ein Trend, der nun mit dem neuen Steuergesetz fortgeführt werden könnte. Folgerichtig beginnen die Bondmärkte, höhere Laufzeitprämien («term premia») zu verlangen, was die langfristigen US-Staatsanleihenrenditen nach oben drückt. Ein weiterer Risikofaktor ist die Aufhebung der Schuldenobergrenze im August 2025, was zu einer massiven Angebotssteigerung von T-Bonds führen wird.
  • Besondere Aufmerksamkeit erlangte Sektion 899 des geplanten US-Steuergesetzes: Der Passus würde ermöglichen, ausländische Investoren bei «unfairen Steuermethoden» gegenüber Amerika mit deutlich höheren Verrechnungssteuern auf Zinserträge oder Dividenden in den USA zu belegen. Dies würde die Rendite auf US-Vermögenswerte verringern und zu Kapitalabflüssen, einem schwächeren US-Dollar und höheren langfristigen Zinsen führen.
  • Die Fed befindet sich in einer schwierigen Lage, da die US-Zollpolitik stagflationär wirkt. Während die prozyklische Fiskalpolitik konjunkturelle Abwärtsrisiken abfedert, verschärft sie zugleich den Inflationsdruck. Bis Ende 2026 preisen die Märkte vier weitere Leitzinssenkungen ein. Falls weitere Zinsschritte herausgepreist würden, könnte dies weiteren Zinsaufwärtsdruck bedeuten.

Chart: Aufwärtsdruck bei langfristigen Staatsanleihenrenditen

Positionierung: Stabilität auf dünnem Eis

  • Die globale Konjunktur zeigt sich dank guter Liquiditätsversorgung weiterhin widerstandsfähig. Kurzfristig wirken jedoch die erratische US-Zollpolitik, gestiegene Zinsen und fiskalische Risiken zunehmend bremsend – das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt fragil und von hoher Unsicherheit geprägt.
  • Nach der kräftigen Erholung an den globalen Aktien- und Kreditmärkten sehen wir kurzfristig ein begrenztes Aufwärtspotenzial. Die Bewertungen haben sich nach dem Erreichen von Mehrjahrestiefs im April rasch erholt, während die Renditen von US-Staatsanleihen gestiegen sind. Somit ist die Aktienrisikoprämie wieder auf 0% gefallen und insbesondere US-Aktien preisen nun wieder nahezu perfekte Rahmenbedingungen ein. Vor dem Hintergrund noch stützender Liquiditätsversorgung, aber fiskalischer und konjunktureller Risiken in den USA empfehlen wir eine Positionierung in einer neutralen Bandbreite.
  • Bei US-Treasuries bleiben wir aufgrund mehrerer struktureller Belastungsfaktoren vorsichtig: Die anhaltend expansive Fiskalpolitik der USA erhöht die Laufzeitprämien – Anleger fordern zunehmend höhere Kompensation für längerfristige Risiken. Gleichzeitig treffen Wachstumssorgen auf anhaltenden Preisdruck, was die Attraktivität nominaler Staatsanleihen weiter schmälert. Zudem droht eine massive Angebotswelle infolge der erwarteten Anhebung der US-Schuldenobergrenze ab August 2025.
  • Der US-Dollar bleibt ein zentrales Risiko für langfristige Auslandsinvestoren in US-Anlagen. Über ein Jahrzehnt lang profitierten sie vom Dollar-Carry-Trade – also vergleichsweise hohen US-Zinsen und einer stetigen Aufwertung des Dollars – sowie von der Outperformance der US-Aktienmärkte. Doch der Greenback ist inzwischen stark überbewertet. Das massive Leistungsbilanzdefizit, eine unberechenbare Handelspolitik, der fiskalisch nicht tragfähige Kurs und die sinkende Nachfrage aus dem Ausland dürften den US-Dollar langfristig belasten.

Hinweise zu den Tabellen:

Hinweise zu den Tabellen: Die Tabelle fasst die Modellergebnisse für die Gesamtrendite von Wandelanleihen und Credit Investment Grade sowie High Yield zusammen, welche eine Funktion der aufgelisteten Renditetreiber sind. Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir für Europa deutsche Bundesanleihen.

Auf dem Radar: Toxischer Cocktail am US-Staatsanleihenmarkt

Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen steigen seit gut sechs Wochen – obwohl sie angesichts von Zeichen einer sich abkühlenden Wirtschaft, der aktivierten Schuldenobergrenze und geopolitischer Unsicherheiten eigentlich fallen müssten. In den USA wirkt jedoch ein toxischer Cocktail zinstreibender Zutaten, der mittelfristig nur mit Hilfe der Notenbank entschärft werden kann – wenn überhaupt.

Seit Januar dürfen aufgrund der Schuldenobergrenze in der Höhe von 36 Billionen US-Dollar keine neuen US-Treasuries ausgegeben werden. Das reduzierte Angebot müsste eigentlich kursstützend und damit zinsdämpfend wirken. Zudem werden auslaufende Anleihen vorwiegend durch T-Bills refinanziert. Diese geldähnlichen Instrumente erhöhen die Liquidität im Finanzsystem und drücken das lange Ende der Zinskurve. Schätzungen zufolge hat die verstärkte Emission von T-Bills die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen um bis zu 100 Basispunkte gesenkt.

Trotzdem notierte die Rendite jüngst zeitweise über 4.5%. Grund ist der bereits seit Längerem wirkende Mix aus steigenden US-Haushaltsdefiziten (aktuell 6.5% des BIP), hartnäckiger Inflation und massiv steigenden Inflationserwartungen – bis zu 7.3% für die nächsten zwölf Monate.

Bald dürften neue Zinstreiber wirksam werden: Die Anhebung der Schuldenobergrenze im August wird eine Emissionswelle von bis zu 1 Billion US-Dollar auslösen. Gleichzeitig steigt der globale Refinanzierungsbedarf – die „Debt Maturity Wall“ rückt näher. Das fragile Gleichgewicht am Anleihemarkt gerät daher weiter unter Druck.

Nur die Fed könnte letztendlich durch ein neues Quantitative-Easing-Programm nachhaltig gegensteuern – doch das wäre in einem inflationären Umfeld ein Spiel mit dem Feuer. Investoren sollten daher Warnsignale wie Sprünge in den SOFR/Fed Funds Spreads sowie eine Abwertung des US-Dollars unter die Marke von 140 gegenüber dem Yen genau beobachten.

Chart: Kein Halt bei der US-Staatsverschuldung

Beat Thoma,
Chief Investment Officer

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