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FischView

Monatliches Update – Mai 2023


von


Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

Inflationsbekämpfung und Liquiditätskrise

Zusammenfassung

  • Die Wirtschaftsindikatoren schwächen sich global immer mehr ab.
  • Die Inflation hat zwar ihren Höhepunkt überschritten, geht aber aktuell nur langsam zurück. Wir erwarten jedoch sehr bald eine Beschleunigung des Inflationsrückgangs.
  • Die Geldpolitik der Zentralbanken bleibt trotz Bankenkrise global sehr restriktiv. Entsprechend fallen die Geldmengen und die Liquidität stark.
  • Die Geldschöpfung und die Kreditvergabe im privaten Bankensystem sind ebenfalls deutlich rückläufig. Die hohen kurzfristigen Zinsen führen zu Umschichtungen von Bankeinlagen in Staatsanleihen und damit zu einem Liquiditätsabfluss.
  • Wir erwarten trotzdem vorerst keine schnelle geldpolitische Lockerung. Konjunktur, Arbeitsmärkte und Inflation sind trotz der Abschwächung global immer noch zu stark.
  • Der Handlungsspielraum der Notenbanken bleibt stark eingeschränkt. Die Geldpolitik befindet sich weiterhin auf einer schwierigen Gratwanderung zwischen Inflationsbekämpfung und gleichzeitig der Stabilisierung der Konjunktur und des Bankensystems.

Wesentliche Änderungen gegenüber dem Vormonat

  • Die Bankenkrise konnte dank hoher Notfallliquidität der Zentralbanken kurzfristig eingedämmt werden. Allerdings bestehen weiterhin beträchtliche Probleme. So schichten Bankkunden ihre Einlagen aufgrund der hohen kurzfristigen Zinsen in Staatsanleihen um und entziehen damit dem Bankensystem Liquidität. Die seit längerem sehr restriktive Geldpolitik der Notenbanken zeigt damit immer mehr Wirkung und beeinflusst jetzt auch die private Geldschöpfung und Kreditvergabe negativ.
  • Paradoxerweise ist diese Liquiditätsverknappung von den Zentralbanken erwünscht, um die nach wie vor hohen Inflationsraten und insbesondere die wieder leicht steigenden Inflationserwartungen zu dämpfen und damit ihre eigene Glaubwürdigkeit zu sichern. Deshalb werden weiterhin die Leitzinsen angehoben. In den USA geht der Bilanzabbau der Fed unverändert weiter, und die Geldmengen beschleunigen ihren seit längerem anhaltenden Abwärtstrend. Selbst die bisher extrem expansive japanische Zentralbank (BoJ) beginnt, über einen Kurswechsel nachzudenken.
  • Damit hat sich in den letzten Wochen das Dilemma der Notenbanken deutlich vergrössert: Falls die Inflation erfolgreich bekämpft würde, käme es mit hoher Wahrscheinlichkeit zwar zu einer Lockerung der Geldpolitik, aber eben auch zu einer Rezession. Wenn sich die Konjunktur und die Arbeitsmärkte aber nicht schnell deutlich abkühlen (die Einkaufsmanagerindizes im Dienstleistungssektor deuten aktuell global noch auf eine hohe konjunkturelle Restenergie), dann bleiben die Zinsen auch am langen Ende hoch und die Inflation könnte in eine zweite Welle übergehen (siehe „Themen auf dem Radar“).
  • In den vergangenen Wochen fiel auch eine deutliche Abschwächung des US-Dollars auf. Sie ist eine Folge der massiven Notfallliquidität der Fed sowie der Erwartung einer relativ restriktiveren Geldpolitik der EZB (und anderen Zentralbanken) im Vergleich zur Fed. Die Dollarschwäche erschwert die Gratwanderung der US-Notenbank zusätzlich, da sie den Inflationsdruck in den USA erhöht.

Aktuelle Lage und Positionierung

  • Die seit März des vergangenen Jahres erfolgten Zinserhöhungen und die restriktive Geldpolitik beginnen mit der üblichen Verzögerung erst jetzt einen verstärkten negativen Einfluss auf die private Geldschöpfung im Bankensystem sowie die Kreditvergabe zu haben. Damit fällt eine bis vor kurzem noch wichtige Unterstützung für das konjunkturelle Wachstum und auch die Aktien- und High-Yield-Märkte weg. Insbesondere bei vielen High-Yield-Schuldnern drohen damit zunehmende Refinanzierungsprobleme.
  • Bankeinlagen (Deposits) in den USA nehmen erstmals seit den 1930er-Jahren ab. Die Gelder werden in kurzfristige US-Treasury-Anleihen umgeschichtet, die aktuell 5% Zinsertrag aufweisen. Damit fehlt den Banken, wie erwähnt, einerseits das Geld für die Kreditvergabe an Unternehmen. Andererseits erzielen die Banken im Kreditgeschäft aufgrund der inversen Zinskurvenstruktur deutlich tiefere Gewinnmargen. Diese Entwicklungen verstärken die Bremswirkung der restriktiven Geldpolitik beträchtlich.
  • Der Handlungsspielraum der Notenbanken nimmt in der aktuellen Lage weiter ab. Selbst kleine Abweichungen in Form einer entweder zu restriktiven oder einer zu lockeren Geldpolitik können überproportionale Auswirkungen auf die Finanzmärkte, die Konjunktur und die Inflationserwartungen haben. Damit bleibt das Chancen/Risiko-Verhältnis sehr asymmetrisch, und die Risiken überwiegen.
  • Wir positionieren uns deshalb in unseren Strategien mit Aktien- und High-Yield-Exposure weiterhin defensiv. Bei Investment-Grade-Unternehmensanleihen und in den Emerging Markets sehen wir dagegen Opportunitäten, da hier die Rezessionsrisiken durch ein erhöhtes Zinssenkungspotenzial kompensiert werden.
  • Die Bewertungen an den Aktien- und High-Yield-Märkten sind aktuell verhältnismässig hoch. Eine allfällige Rezession ist noch nicht in den Kursen eingepreist, und die Gefahren durch die restriktive Geldpolitik wurden zumindest bisher mehrheitlich ignoriert. Eine Fortsetzung der jüngsten Zwischenerholung ist zwar aufgrund möglicher Eindeckungen von grossen Short-Positionen möglich. Der aktuelle Abfluss der infolge der Bankenkrise eingeschossenen Notfallliquidität dürfte aber das Aufwärtspotenzial begrenzen.
  • Staatsanleihenzinsen sehen wir in einer engeren Bandbreite, tendenziell aber leicht tiefer. Hier wirken gegenläufige Faktoren, welche die Volatilität derzeit begrenzen.

Themen auf dem Radar

Die jährliche Inflationsrate in den USA dürfte bald aufgrund von Basiseffekten deutlich fallen, die sich in den kommenden vier Monaten auf rund 2% bis 2.5% summieren. Hinzu kommen zunehmend preisdämpfende Einflüsse von den Immobilienmärkten und Mietpreisen. Damit dürfte sich die Inflationsrate von derzeit 5% (Kernrate 5.6%) im dritten Quartal der Marke von 3% (Kernrate 3.5%) nähern.

Dies würde dem in der unteren Grafik dargestellten Verlauf (roter Pfeil in der ersten Abwärtswelle) entsprechen. Die Grafik zeigt den Verlauf der US-Inflationsrate von 1966 bis 1982 (hellgrüne Linie) sowie den aktuellen Zyklus seit 2014 (dunkelgrüne, überlagerte Linie) und ist eine gute Schätzung für den kurzfristig zu erwartenden Verlauf.

Falls dieser Inflationsrückgang aber noch von einer deutlichen konjunkturellen Abschwächung begleitet wird, könnte dies zu einer vorzeitigen Lockerung der Geldpolitik in den USA führen, was die Gefahr einer zweiten Inflationswelle stark erhöhen würde. Die problematische Entwicklung in den Jahren 1976 bis 1980 könnte sich wiederholen, als die Fed zu früh von der Inflationsbekämpfung abrückte, um die Konjunktur zu unterstützen.

Chart: US-Inflation wegen Basiseffekten bald tiefer – aber zweite Welle möglich

Quelle   BankCreditAnalyst (BCA)

Hinweise zu den Tabellen:

Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).

Beat Thoma,
Chief Investment Officer

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