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FischView
Monatliches Update – November 2023
von Beat Thoma
Kreditklemme bremst Konjunktur
Zusammenfassung
- Die Liquidität im Bankensystem in den USA und Europa nimmt ab, und die Kreditvergabe sinkt schnell. Gleichzeitig steigen die Zinskosten.
- Daraus resultiert ein zusätzlicher Gegenwind für die Konjunktur – neben einer schon länger anhaltenden Flaute im verarbeitenden Gewerbe.
- Wir bleiben in diesem Umfeld an den Aktien- und Kreditmärkten vorsichtig positioniert, rechnen aber mit nur noch moderat steigenden Zinsen und bald Potenzial für wieder tiefere Sätze.
Wirtschaftliche Gesamtsituation
Die steigenden Zinsen sowohl am Geldmarkt wie auch bei langfristigen Anleihen führen zu einem beschleunigten Abfluss von Kundengeldern bei den Banken und damit zu einer rückläufigen Kreditvergabekapazität. Neben einer seit längerem global anhaltenden Nachfrageschwäche im verarbeiten Gewerbe kommt damit ein weiterer negativer Faktor auf viele Unternehmen zu: Die Kreditmaschinerie beginnt zu stocken. Gleichzeitig beginnt sich der bisher sehr robuste Dienstleistungssektor in den USA und Europa abzuschwächen. Damit kann es zu einer Bremswirkung an den Arbeitsmärkten und auch bei der Konjunktur kommen. Beides ist an den Finanzmärkten aktuell noch nicht vollständig eingepreist.
Aktuelle Entwicklungen: Kampf um Kundeneinlagen bei Banken
- Aufgrund der hohen Zinsen auf Geldmarktanlagen und langfristige Staatsanleihen tauschen immer mehr Bankkunden sowohl in den USA wie auch in Europa ihre Einlagen (Deposits) und entziehen damit dem Bankensystem Liquidität. Das führt zu einer stark verminderten Kreditvergabe und höheren Vergabestandards.
- Viele Banken verlieren bereits jetzt Geld im Kreditgeschäft und sind gezwungen, die Einlagenzinsen anzuheben, um Kundengelder anzuziehen. In den USA kommen bei den Regionalbanken noch massive Verluste von teilweise mehr als 60 Prozent auf riesigen Staatsanleihenpositionen dazu, was die Liquidität zusätzlich reduziert. Ein neuer Index der Fed – der „Financial Conditions Impulse“ – befindet sich bereits seit einiger Zeit im stark restriktiven Bereich und bestätigt damit die zunehmenden Refinanzierungsprobleme bei den Banken und Unternehmen.
- Aber nicht nur bei den Unternehmen, sondern auch bei den Staats- sowie privaten Haushalten steigen die Zinskosten schnell an. Das führt zu vermindertem Konsumpotenzial und zusätzlich tieferer Liquidität im System.
Einschätzung & Ausblick: Druck auf Konjunktur nimmt zu
- Die jüngsten noch sehr starken Quartalszahlen für das US-Konjunkturwachstum von 4.9% (annualisiert) basieren auf Sonderfaktoren wie einem enormen Fiskalimpuls der US-Regierung, dem Abbau von hohen Überschussersparnissen sowie einer verzögerten Wirkung der restriktiven Geldpolitik. Diese Faktoren nehmen jetzt aber schnell ab. Damit kommt es zu einer Kumulation von dämpfenden Kräften, die bald zu deutlich tieferen Wachstumsraten führen dürften. Der wichtige Conference Board Economic Leading Indicator fallt weiter deutlich. Hier sind neun von zehn Subindikatoren derzeit negativ.
- Eine Abschwächung in den USA dürfte weltweit spürbar werden. Schon jetzt befindet sich Europa nahe einer Rezession. Auch der schwedische Einkaufsmangerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe bestätigt einen konjunkturellen Dämpfer. Dieser Index war historisch stets ein guter Indikator für die globale Konjunktur, da Schweden einen Vorlauf bei globalen Lieferketten hat.
- Wir befürchten zudem negative Rückkopplungseffekte mit einer weltweit anhaltend restriktiven Geldpolitik und sinkender Liquidität, fallenden Geldmengen und rückläufiger Kreditvergabe durch die Banken. Zudem sind in letzter Zeit die Spreads italienischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen deutlich angestiegen, was für die EZB in absehbarer Zeit eine zusätzliche monetäre Herausforderung werden dürfte.
- Gleichzeitig bleibt die Inflation in allen Segmenten (Headline, Core sowie im Dienstleistungssektor) in den USA und in Europa hartnäckig. Der Trend zeigt zwar nach unten, aber aufgrund von wegfallenden positiven Basiseffekten dürfte sich der Rückgang in den kommenden Monaten verlangsamen. Obwohl die Inflationserwartungen moderat bleiben, ist unserer Ansicht nach keine schnelle Lockerung der Geldpolitik möglich.
Chart: In der Eurozone schwächt sich das Kreditwachstum gefährlich schnell ab
Positionierung: Bei Aktien Vorsicht, aber Anleihen mit Chancen
- Obwohl sich die globalen Aktien- und Unternehmensanleihenmärkte in letzter Zeit abgeschwächt haben, sind eine stärkere Abkühlung der Konjunktur und tiefere Unternehmensgewinne in keiner Weise eingepreist. Zudem erwarten die Märkte erste Zinssenkungen durch die Zentralbanken bereits in der ersten Hälfte des nächsten Jahres.
- Insgesamt erkennen wir weiterhin eine gewisse Sorglosigkeit, wodurch es jederzeit zu negativen Überraschungen kommen kann. Die Bewertungen sind sowohl bei Aktien wie auch bei den Credit Spreads zudem noch verhältnismässig hoch. Deshalb bleiben wir in unseren Wandelanleihenstrategien weiterhin defensiv positioniert und setzen relativ zur Benchmark auf eine tiefere Aktiensensitivität (Delta) und eine höhere Kreditqualität. Zudem fokussieren wir uns auf konvexe Anleihen mit hoher Asymmetrie. Auch bei Unternehmensanleihen sind wir sowohl im Investment-Grade- als auch im High-Yield-Segment vorsichtig positioniert mit Untergewichten in tiefen Bonitäten.
- Aufgrund der sich global abkühlenden Konjunktur, moderaten Inflationserwartungen, stark deflationärer Geldpolitik und rückläufigen Inflationsraten dürfte der Zinszyklus sowohl am kurzen wie auch langen Ende der Zinskurve bald seinen Höhepunkt erreichen. Und im Falle einer stärkeren Rezession ist in absehbarer Zeit sogar wieder mit fallenden Sätzen zu rechnen. Die derzeit stark zunehmende Staatsverschuldung in den USA könnte einen schnellen Rückgang der langfristigen Zinsen allerdings verzögern. Auf Europa trifft dies nicht zu. In jedem Fall ist mit weniger inversen (oder sogar leicht steilen) Zinskurven zu rechnen.
- Der insgesamt weit fortgeschrittene Zinszyklus begünstigt deshalb Unternehmensanleihen. Die derzeit bereits attraktiven Renditen bieten einen Risikopuffer.
- Im Fall einer Rezession mit steigenden Credit Spreads sorgen fallende Zinsen für eine gewisse Diversifikation. Dieser Diversifikationseffekt ist im Investment-Grade-Segment sowie in verschiedenen Emerging Markets besonders ausgeprägt.
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade |
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Credit High Yield |
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Wandelanleihen |
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Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
Auf dem Radar: Die Reverse Repo Märkte trocknen aus
Wir erwarten in den kommenden Monaten einen verstärkten Rückgang der Finanzmarktliquidität mit potenziell negativen Effekten auf die Börsen, die Kreditvergabe und Staatsanleihenmärkte. Grund ist der derzeit starke Rückgang der „Overnight Reverse Repurchase Agreements“ im US-Bankensystem. Dabei handelt es sich um Gelder der privaten Banken und Geldmarktfonds, die bei der Notenbank parkiert werden.
Die folgende Grafik veranschaulicht diese Entwicklung. Während der Pandemie hat die Fed das Bankensystem in historischem Ausmass mit Liquidität ausgestattet und so die Geldmenge erhöht, um potenzielle Liquiditätsengpässe auszuschliessen. Die Banken parkierten dann mithilfe von Reverse Repos überschüssige Gelder bei der Fed.
Aufgrund der in den letzten Monaten stark gestiegenen Geldmarktzinsen beginnen die Banken und Geldmarktfonds jetzt aber diese Gelder bei der Fed abzuziehen und in Treasury Bills oder kurze Notes mit leicht höherem Zins zu tauschen. Und dies entspricht wiederum einer direkten Erhöhung der Geldmenge. Die Reverse Repos werden aktuell gewissermassen monetär aktiviert. Der Rückgang der Geldmenge M2 wurde dementsprechend durch die Abnahme der Reverse Repos seit April dieses Jahres gestoppt, wie man in der Grafik sieht. Und auch das Quantitative Tightening der Fed (Verkleinerung der Bilanz) wird durch die in das Finanzsystem zurückfliessenden Repo-Gelder teilweise kompensiert.
Allerdings wird diese Liquiditätsquelle innerhalb der nächsten drei bis vier Monaten vollständig austrocknen. Damit wird die restriktive Geldpolitik massiv stärker wirksam, die Geldmengen fallen wieder und ein zinsdämpfender Effekt bei US-Staatsanleihen fällt weg. Es ist bereits vor dem vollständigen Abbau der Reverse Repos mit negativen Effekten an den Börsen zu rechnen.
Da auch andere Zentralbanken einen ähnlichen Geldmengenabbau fördern und die Bank of Japan ihre Zinskurvenkontrolle beendet, drohen in absehbarer Zeit global gefährliche Luftlöcher bei der Liquiditätsversorgung der Finanzmärkte.
Chart: „Overnight Reverse Repos“ bei der Fed fallen dramatisch

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