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FischView
Monatliches Update – November 2025
von Beat Thoma
Zusammenfassung: Die Fed steht auf der Bremse
- Die US-Konjunktur befindet sich in einem Goldilocks-Umfeld mit moderater Inflation und solidem Wachstum. Die Fed steht folgerichtig auf der Bremse und stellte eine weitere Zinssenkung Ende Jahr in Frage.
- Die globale Liquidität steigt weiter, was für Rückenwind an den Aktien- und Kreditmärkten sorgt. Gleichzeitig führt das zu Aufwärtsdruck bei Inflation und langfristigen Zinsen.
- In diesem Umfeld bleiben wir vom Risikoexposure her neutral bis leicht übergewichtet und bei der Duration neutral bis leicht kürzer positioniert.
Wirtschaftliche Gesamtsituation
Die US-Konjunktur befindet sich derzeit in einem Goldilocks-Umfeld mit moderater Inflation und solidem Wachstum. Letzteres wird auch durch die aktuelle GDPNow-Schätzung der Atlanta Fed für das dritte Quartal von 3.9% bestätigt. Treibende Faktoren sind die weltweit steigende Liquidität, hohe Staatsausgaben sowie der anhaltende KI-Investitionsboom. Auch in Europa ist weiterhin eine leichte Beschleunigung des Wachstums zu beobachten. Trotz höherer US-Zölle zeigt sich zudem eine Erholung des zuvor über längere Zeit global schwachen verarbeitenden Gewerbes.
Aktuelle Entwicklungen: Zinslockerung mit Vorbehalt
- Trotz Goldilocks-Umfeld und boomenden Aktienmärkten hat die Fed Ende Oktober den Leitzins um weitere 0.25% auf das Zielband 3.75-4% gesenkt. Den Schritt rechtfertigte die US-Notenbank abermals mit einem sich abkühlenden Arbeitsmarkt. Dieser erscheint aber nur auf den ersten Blick schwach – der deutliche Rückgang bei den neugeschaffenen Stellen steht vor allem im Zusammenhang mit der verschärften Migrationspolitik der US-Regierung.
- Das sieht offenbar auch Fed-Chef Powell so: Er zeigte sich einer weiteren Zinssenkung Ende Jahr gegenüber skeptisch, stand auf die Bremse und stellte sich damit gegen die Erwartungen an den Terminmärkten. Zugleich betonte er, dass aufgrund der eingeschränkten Datenlage infolge des Regierungsshutdowns eine vorsichtige Haltung angebracht sei.
- Gleichzeitig gab die Fed aufgrund von Refinanzierungsstress an den Geldmärkten das Ende ihres „Quantitative Tightening“-Programms per 1. Dezember bekannt.
- Die EZB wiederum beliess den Leitzins wie erwartet bei 2%. Die jüngsten Einkaufsmanagerindizes bestätigen: die Eurozone zeigt sich trotz Gegenwinden (rückläufige Exporte in die USA, stärkerer Euro und verstärkter Wettbewerb aus China) erstaunlich widerstandsfähig.
Einschätzung & Ausblick: Globale Konjunktur überrascht positiv
- Der Machtkampf zwischen der Fed und dem US-Treasury geht in die nächste Runde: Obwohl die Fed als Antwort auf den Stress an den Geldmärkten ihr „Quantitative Tightening“ per 1. Dezember beenden muss, stellt Fed-Chef Powell infolge des Goldilocks-Umfelds (moderate Inflation und Vollbeschäftigung) eine weitere Zinssenkung per Ende Jahr infrage. US-Finanzminister Bessent wiederum fordert weitere Zinsschritte und verweist auf Teile der Wirtschaft wie den Immobilienmarkt, die in einer Rezession seien.
- Bessents Argument wirkt aber nicht wirklich stichhaltig. Das Treasury setzt bei der Schuldenaufnahme derzeit im grossen Stil auf T-Bill-Emissionen, da tiefere Kurzfristzinsen die Zinslast senken würden. Zudem erhofft sich die US-Regierung so auch tiefere langfristige Zinsen. Allerdings würden im momentanen Goldilocks-Umfeld weitere Leitzinssenkungen genau das Gegenteil bewirken.
- Im Gegensatz zur Fed-Liquidität, die einen direkten Einfluss auf die Aktien- und Geldmärkte hat, wirkt die neu generierte Treasury-Liquidität (über die T-Bill Emissionen) vorwiegend auf die Konjunktur via erhöhte Staatsausgaben. Dies zeigt sich auch an einer Erholung des seit längerem schwachen verarbeitenden Gewerbes – die Auftragseingänge für Kapitalgüter steigen trotz gestiegener US-Zölle stark an und spiegeln damit eine Belebung der Unternehmensinvestitionen wieder – nicht nur in den USA, sondern auch global. Dies wird auch durch Frühindikatoren für die globale Konjunktur wie den Kupferpreis bestätigt.
- Zudem steigt in China die Geldmenge M1 stark an – dies stimuliert nicht nur die chinesische, sondern auch die globale Konjunktur. Positiv zu werten ist hier auch die „Feuerpause“ im Handelsstreit zwischen den USA und China nach dem Trump-Xi-Gipfel in Südkorea. Insgesamt hat China zunehmend die besseren Karten – neuste Exportdaten zeigen, dass es seine Absatzmärkte weiter diversifiziert hat und so stark sinkende Exporte in die USA kompensieren kann. Zudem hat China mit dem Quasi-Monopol über Seltene Erden ein Ass im Ärmel, das die US-Regierung wohl deutlich unterschätzt hat.
Chart: Wiederbelebung im verarbeitenden Gewerbe in den USA
Positionierung: Liquidität bleibt treibender Faktor
- Wichtig für die globalen Finanzmärkte ist momentan, dass die globale Liquidität weiter steigt, insbesondere auch dank einer starken Geldmengenausweitung in China. Genau beobachtet werden muss jedoch die Fed-Liquidität (d.h. die Bankreserven), die mit 2.85 Billionen US-Dollar in die Gefahrenzone gefallen ist. Das konnte man in den letzten Wochen an den gestiegenen Spreads zwischen den Geldmarktzinsen (SOFR) und dem Fed Funds-Satz sehen. Die Fed versucht mit dem angekündigten Ende des Quantitative Tightenings gegenzusteuern. Ein weiteres Absinken der Bankreserven unter die Marke von 2.8 Billionen US-Dollar wäre jedoch ein starkes Warnsignal für Risikoanlagen.
- Die durch das US-Treasury generierte Liquidität in Form von T-Bill-Emissionen überkompensiert den noch leicht restriktiven Kurs der Fed. Daher rechnen wir per Saldo mit Unterstützung für die Konjunktur, leicht höherer Inflation und tendenziell steigenden langfristigen Zinsen. Entsprechend bleiben wir bei der Duration neutral bis leicht kürzer positioniert.
- Unternehmensanleihen, insbesondere im Bereich High Yield und Emerging Markets, profitieren weiterhin von der trotz höheren US-Zöllen global robusten Konjunktur und der nach wie vor hohen Finanzmarktliquidität. Gleichzeitig sind die Bewertungen hoch und die Credit Spreads eng. Wir halten daher an einer neutralen bis leicht positiven Positionierung fest.
- Gründe für eine Reduktion des Risikoexposures wären weiter steigende SOFR-Fed Funds Spreads, ein deutlich fallender US-Dollar sowie rasch steigende Renditen bei langfristigen Staatsanleihen in den USA sowie Japan. Momentan sind hier aber nur Warn- und noch keine Verkaufssignale gegeben.
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
| USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Renditetreiber | |||||||||
| Aktien |
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| Staatsanleihen |
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| Credit Inv. Grade (Spreads) |
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| Credit High Yield (Spreads) |
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| Gesamtrendite | |||||||||
| Wandelanleihen |
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| Credit Inv. Grade | |||||||||
| Credit High Yield | |||||||||
| Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: | ||||||
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Die Tabelle fasst die Modellergebnisse für die Gesamtrendite von Wandelanleihen und Credit Investment Grade sowie High Yield zusammen, welche eine Funktion der aufgelisteten Renditetreiber sind. Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir für Europa deutsche Bundesanleihen.
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
| Most preferred | Least preferred | |
|---|---|---|
| Wandelanleihen |
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| Global Corporates IG |
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| Global Corporates |
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| Global High Yield |
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| Emerging Market Corporates – Defensiv |
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| Emerging Market Corporates – Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
Auf dem Radar: US-Bankreserven in der Gefahrenzone
Eine Kombination verschiedener Faktoren hat in den letzten Monaten zu einem Sauerstoffmangel an den Geldmärkten geführt: die Überschussliquidität der Banken in der Reverse-Repo-Fazilität ist praktisch vollständig abgebaut, das „Treasury General Account“ als Hauptkonto des US-Treasury bei der Fed wurde aufgefüllt, was dem System Liquidität entzieht. Und das Quantitative Tightening der Fed lief weiterhin im Hintergrund. Infolgedessen sanken die Bankreserven auf rund 2'850 Mrd. US-Dollar und der Spread zwischen den Geldmarktzinsen (SOFR) und dem Fed-Funds-Satz stieg stark an.
Der Grund, warum die Fed die Bankreserven in den letzten Monaten so stark sinken liess, waren eigene Schätzungen zur Höhe ausreichender Reserven im Geldmarkt, unterhalb derer Banken dann in Refinanzierungsstress geraten könnten. Dafür bietet sich ein Blick in das Jahr 2019 an: auch damals reduzierte die Fed die Bankreserven, als im September dann ein Crash im US-Geldmarkt folgte. Innerhalb von Minuten schossen die SOFR-Zinsen um 4% nach oben, und die Fed musste mit Liquiditätsspritzen intervenieren. Da damals die Bankreserven im Verhältnis zum BIP auf unter 8% fielen, ging die Fed davon aus, dass das heute nötige Level an Bankreserven inklusive eines Puffers bei rund 9% oder umgerechnet 2’700 Mrd. US-Dollar läge.
Anhand der Markreaktion hat sich nun aber gezeigt, dass die errechnete Schwelle zu tief angesetzt war – wir gehen etwa von knapp 3'300 Mrd. US-Dollar an benötigten Bankreserven aus. Die untenstehende Grafik zeigt, dass es darunter ab dem Monat August erhöhte SOFR-Fed Funds-Spreads und somit Stressanzeichen am Geldmarkt gab. Als Reaktion hat die Fed am 29. Oktober das Ende des Quantitative-Tightening-Programms per 1. Dezember angekündigt und plant, künftig über T-Bill-Käufe wieder Liquidität im Geldmarkt zur Verfügung zu stellen.
Klar ist deshalb, dass sich die Bankreserven derzeit in einer Gefahrenzone befinden und ihre Entwicklung genau beobachtet werden muss. Ob es der Fed künftig gelingt, die für das ordnungsgemässe Funktionieren des Geldmarkts erforderliche Höhe an Bankreserven präzise zu steuern, wird sich noch zeigen.
Chart: Der US-Geldmarkt steht unter Druck
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