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FischView
Monatliches Update – Oktober 2024
von Beat Thoma
Chinesische Zentralbank unter Zugzwang
Zusammenfassung
- Eine weiter abnehmende Liquiditätsversorgung der globalen Finanzmärkte wird zu einem zunehmenden Belastungsfaktor für die Aktien- und Kreditmärkte, wirkt aber erst mit Verzögerung.
- China nähert sich einer deflationären Lohn-Preis-Spirale, die das globale Finanzsystem ebenfalls negativ beeinflussen könnte, solange die chinesische Regierung und Zentralbank nicht entschlossener eingreifen.
- Die sich global abschwächende konjunkturelle Entwicklung spielt dagegen weiterhin nur eine untergeordnete Rolle für die kurzfristige Entwicklung der Aktienmärkte und wird erst mittelfristig relevant.
Wirtschaftliche Gesamtsituation
Der US-Arbeitsmarkt liefert weiter Abkühlungssignale. Zudem sinkt die Sparquote und es mehren sich Ausfälle bei Kreditkartenschulden. Dies deutet neben einer Reihe anderer Frühindikatoren auf eine abnehmende konjunkturelle Dynamik und bevorstehende Probleme beim bisher noch sehr robusten Konsum in den USA hin. Insgesamt führen diese Faktoren aber zu einem inflations- und damit zinsdämpfenden Umfeld, was wiederum stabilisierend für die Konjunktur ist. Damit wirken vorerst noch sich gegenseitig aufhebende positive und negative Kräfte auf die Konjunktur.
Aktuelle Entwicklungen: China wird zum globalen Sorgenkind
- In China verstärkt sich der Abwärtsdruck auf die Konjunktur. Es droht eine für die Regierung und Notenbank nur schwer zu kontrollierende negative Deflationsspirale. Damit dürfte die Entwicklung in China zunehmend auch zu einem globalen Störfaktor werden.
- Allerdings werden die Aktien- und Kreditmärkte weiterhin vorwiegend von Liquiditätsflüssen getrieben und noch nicht von konjunkturellen Faktoren in den USA, Europa und China. Verschiedene bisher stark sprudelnde Liquiditätsquellen beginnen jetzt aber auszutrocknen.
- Allerdings wirken diese abnehmenden Liquiditätsflüsse erst mit einer Verzögerung von drei bis sechs Monaten. Damit ist noch nicht unmittelbar mit einer Trendwende an den Aktien- und Kreditmärkten zu rechnen. Die noch sehr hohen Liquiditätsbestände dürften deshalb kurzfristig noch für Unterstützung sorgen, insbesondere wenn die jüngsten Zinssenkungen der Fed und EZB zu einer Umschichtung vom Geldmarkt in die Aktien- und Kreditmärkte führen.
Einschätzung & Ausblick: Inflationsdämpfende Faktoren wirken
- Trotz noch hohen Liquiditätsbeständen und enormen Staatsausgaben in den USA schwächen sich der Arbeitsmarkt und die Konjunktur weiter ab. Das ist bedenklich, da sich offenbar eine zunehmende Immunität gegenüber fundamentalen und monetären Stimuli entwickelt. Mittelfristig droht damit ein Kontrollverlust der Fed und des US-Finanzministeriums.
- Die jüngsten US-Arbeitsmarkdaten zeigen eine schnelle Abnahme offener Stellen bei gleichzeitig weniger Anstellungen. Zudem bleiben die mittleren und kleineren Unternehmen in den USA weiter unter Druck. Diese Unternehmen repräsentieren immerhin rund 45% der US-Wirtschaftsleistung und waren historisch für mehr als 50% der neu geschaffenen Stellen verantwortlich. Der derzeit noch robuste Konsum ist dagegen kein Frühindikator, sondern läuft der Konjunkturentwicklung nach. Zudem steigen die Zahlungsausfälle auf Kreditkartenschulden weiter an – ein erstes Anzeichen einer bevorstehenden Abschwächung des Konsums in den USA.
- Zusätzlich verschlechtert sich, wie schon erwähnt, die Entwicklung in China zunehmend. China war bis vor kurzem noch ein global eher stabilisierender Faktor, entwickelt sich aber immer mehr zum Sorgenkind. Insbesondere droht aufgrund der exportorientierten Industriepolitik und des stark rückläufigen Inlandkonsums eine Exportschwemme, die speziell in der EU und Deutschland zu Problemen führen dürfte.
- Die Echtzeit-Konjunkturindikatoren in den USA (GDPNow und Weekly Economic Index) signalisieren aber noch keine unmittelbar bevorstehende Rezession. Damit dürfte die globale Konjunkturentwicklung vorerst noch keine negativen Impulse für die Aktien- und Kreditmärkte liefern.
- Die Inflation wird durch die deflationär wirkende Konjunkturabkühlung in den USA und insbesondere in China (mit Druck auf die Rohstoffpreise), sowie der austrocknenden Liquiditätsflüsse bereits jetzt gedämpft. Allerdings wirken eine Reihe gegenläufiger Kräfte: Dazu zählen der Wegfall von Basiseffekten, Saisonalität im vierten Quartal sowie geopolitische Spannungen. Diese sprechen eher wieder für höhere Inflationsraten, was auch durch den steigenden Goldpreis bestätig wird. Insgesamt ergibt sich aufgrund dieser Faktoren deshalb ein neutraler bis leicht positiver Ausblick für die Inflation.
Chart: Der „Weekly Economic Index” signalisiert noch stabiles US-Wachstum
Positionierung: Längere Duration und neutrales Risikoexposure
- Aufgrund der erwähnten noch rekordhohen Liquiditätsbestände (und hohen Bankreserven) im globalen Finanzsystem ergeben sich noch keine konkreten Verkaufssignale an den Aktien- und High-Yield-Märkten. Frische Liquiditätszuflüsse nehmen jedoch ab und wirken erst mit Verzögerung von drei bis sechs Monaten. Wir positionieren uns deshalb kurzfristig beim Aktienexposure und High-Yield-Kreditexposure neutral bis leicht übergewichtet. Sobald unsere Liquiditätsindikatoren und die Markttechnik konkrete Verkaufssignale liefern, werden wir das Risikoexposure wieder reduzieren.
- Aufgrund der dennoch hohen Bewertung der Aktien- und High-Yield-Märkte (z.B. gemessen am „Buffet-Indikator“, tiefen Credit Spreads und der positiven Investorenstimmung) empfehlen wir aber den Tausch von direkten Aktieninvestments in Wandelanleihen (mit eingebautem teilweisen Kapitalschutz) sowie eine Fokussierung auf solide Schuldnerqualitäten.
- Im Gegensatz zu den Aktien- und High-Yield-Märkten reagieren die Inflations- und Zinsentwicklung sehr direkt auf eine konjunkturelle Abkühlung. Deshalb fahren wir aktuell eine leicht längere Duration als die Vergleichsindizes. Aufgrund des weltweit fortschreitenden Zinssenkungszyklus erwarten wir zudem global steilere Zinskurven.
- Allerdings sollten gewisse Risiken bei langlaufenden US-Staatsanleihen beachtet werden. Hier kann die schnell steigende Staatsverschuldung bei gleichzeitigem Bilanzabbau (Staatsanleihenverkäufe) der Fed zumindest temporär für Zinsaufwärtsdruck sorgen. Zudem beginnt das US-Finanzministerium seine Rückkäufe langlaufender Staatsanleihen (finanziert mit Emission von T-Bills) zu reduzieren, da die optimale Quote von 20% T-Bills im Verhältnis zum gesamten Anleihenbestand überschritten wurde. Damit fällt ein bisher zinsdämpfender Faktor bei langlaufenden Anleihen weg.
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Renditetreiber | |||||||||
Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade (Spreads) |
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Credit High Yield (Spreads) |
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Gesamtrendite | |||||||||
Wandelanleihen |
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Credit Inv. Grade | |||||||||
Credit High Yield | |||||||||
Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Die Tabelle fasst die Modellergebnisse für die Gesamtrendite von Wandelanleihen und Credit Investment Grade sowie High Yield zusammen, welche eine Funktion der aufgelisteten Renditetreiber sind. Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir für Europa deutsche Bundesanleihen.
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
Auf dem Radar: Deflationsspirale in China
Die chinesische Konjunktur schwächelt bereits seit längerem. Allerdings schien die Situation bisher unter Kontrolle. Dank moderater staatlicher und geldpolitischer Unterstützung konnte eine eigentliche Rezession vermieden werden.
Mittlerweile mehren sich aber die Anzeichen einer beschleunigten Kontraktion, insbesondere auch am ohnehin schon äusserst schwachen Immobilienmarkt, und eines weiteren Anstiegs der Jugendarbeitslosigkeit. Zudem sind private Investitionen stark rückläufig.
Damit besteht immer mehr die Gefahr, dass es zu einer nur noch schwierig zu kontrollierenden deflationären Lohn/Preis-Spirale und damit einem „Strömungsabriss“ beim konjunkturellen Wachstum kommt. Historische Erfahrungen aus den USA und insbesondere aus Japan zeigen, dass in diesem Fall schnelle und massive staatliche und geldpolitische Massnahmen erforderlich sind. Je länger mit Hilfsmassnahmen zugewartet wird, desto aufwändiger wird die Problemlösung in der Zukunft. Immerhin hat die Chinesische Zentralbank soeben weitere Zinssenkungen und einen tieferen Mindestreservesatz angekündigt. Insgesamt scheint dies aber noch zu zaghaft, um eine nachhaltig positive Wirkung in der Wirtschaft zu erzielen.
Damit wird die Entwicklung in China zunehmend auch global relevant. Der bisher neutrale bis leicht stabilisierende Einfluss Chinas auf die Weltkonjunktur droht, sich in stark negative Impulse zu verwandeln. Insbesondere, wenn versucht wird, die Probleme mit einer Exportwelle bei gleichzeitig fallendem privaten Inlandkonsum zu beheben. In diesem Fall würde die deflationäre Kontraktion in China ins Ausland exportiert. Einer der Hauptverlierer wäre hier sicherlich Deutschland. Zusätzlich kämen die Rohstoffpreise, insbesondere Kupfer und Erdöl, weiter unter Druck.
Chart: Deflationärer Druck in China
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