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FischView

Monatliches Update – September 2022


von


Beat Thoma,
Chief Investment Officer

T +41 44 284 24 03

Zusammenfassung: Liquiditätsentzug durch die Fed geht weiter

  • Verschiedene Frühindikatoren bestätigten zuletzt eine fragile Stabilisierung der US-Konjunktur nach einer markanten Abschwächung im ersten Halbjahr. In Europa schwächt sich die Wirtschaft zwar angesichts hoher Gas- und Energiepreise ab, bleibt aber vorerst noch widerstandsfähig.
  • Die Inflationsraten haben global ihren Höhepunkt überschritten. Die Inflationserwartungen bleiben moderat.
  • Es wirken verstärkt deflationäre Faktoren: die Geldmengen fallen, die Wirtschaftsentwicklung ist global gedämpft, die Rohstoffpreise fallen teilweise und die Immobilienmärkte in den USA werden zunehmend schwächer.
  • Die Notenbanken behalten damit weiterhin die Kontrolle, auch die EZB hat bisher einen positiven Einfluss auf die Credit Spreads der Peripherie-Staaten.
  • Die US-Zinskurve als wichtiger Frühindikator signalisiert bislang eine positive Kombination aus moderatem Wirtschaftswachstum und gleichzeitig fallender Inflationsdynamik sowie noch ausreichender Liquiditätsversorgung.
  • Das Finanzmarktumfeld bleibt damit kurzfristig neutral und der Aufwärtsdruck bei den langfristigen Zinsen moderat. Die US-Notenbank erscheint uns aber vor dem Hintergrund der oben erwähnten zunehmenden deflationären Faktoren zu restriktiv. Mittelfristig riskiert sie damit eine Rezession und hohe Volatilität an den Börsen.

Wesentliche Änderungen gegenüber dem Vormonat

  • Die jüngsten Konjunkturzahlen und die Unternehmensgewinne schwächten sich zwar sowohl in den USA als auch in Europa leicht ab, fielen aber immer noch einigermassen solide aus. Arbeitsmärkte und Konsum bleiben vorerst noch eine Stütze für das Wachstum. Die explodierenden Gaspreise wirken aber für Europa dämpfend. Auch in Japan und China liefern monetäre und fiskalpolitische Stimuli positive Impulse, obwohl auch hier vorerst noch weiterhin eine moderate Abschwächungstendenz anhält.
  • Die Inflationsdaten in den USA deuten auf eine klar abnehmende Inflationsdynamik, was sich mittelfristig auch auf den globalen Trend übertragen dürfte. In Europa wird dieser Prozess allerdings von steigenden Gaspreisen verzögert. Allerdings dürften auch hier die Kernraten der Inflation in absehbarer Zeit sinken.
  • Neben den seit einiger Zeit wirkenden deflationären Faktoren (fallende Geldmengen- und Rohstoffpreisdynamik, Basiseffekte, abkühlende Konjunktur) zeigen jetzt auch die Immobilienmärkte in den USA und Deutschland zunehmende Abschwächungssignale.
  • Insgesamt liefert damit der „Dreiklang“ aus zwar schwächerem aber noch positivem Wirtschaftswachstum, abnehmender Inflationsdynamik und knapp ausreichender Liquiditätsversorgung kurzfristig leichte Unterstützung für die globalen Finanzmärkte.
  • Die Notenbanken haben gemessen an den fallenden Inflationserwartungen und dem Verhalten der Zinskurvenstruktur die Lage vorerst unter Kontrolle. Das Vertrauen in die mittel- bis langfristige Geldwertstabilität ist derzeit noch gegeben.
  • Die EZB schichtet zudem seit einiger Zeit Gelder, die aus dem PEPP-Anleihenkaufprogramm fällig werden, in Papiere der Eurozone-Peripheriestaaten um. Als Zusatzoption besteht noch die Möglichkeit direkter Käufe im Rahmen des neuen „Transmission Protection Instrument“ (TPI) und dämpft damit den Anstieg der Credit Spreads.
  • Trotzdem bleibt die US-Notenbank aktuell deutlich zu restriktiv. Die Reduktion der Fed-Bilanz (d.h. Liquiditätsentzug an den Finanzmärkten) geht im August im geplanten und angekündigten Ausmass weiter und wird im September erhöht. Dies dürfte in absehbarer Zeit grosse Probleme für die globalen Finanzmärkte und die globale Konjunktur auslösen. Die Lockerungen der Bank of Japan (BoJ) und der chinesischen Zentralbank reichen hier nicht zur Kompensierung aus.

Aktuelle Lage und Positionierung

  • In den USA kam es in den vergangenen beiden Quartalen jeweils zu negativem Wirtschaftswachstum. Damit wurde formal die Definition einer technischen Rezession erfüllt. Allerdings verhalten sich der starke US-Arbeitsmarkt, stabile Frühindikatoren und die Unternehmensgewinne bisher in keiner Art und Weise wie in einer klassischen Rezession.
  • Das negative Wachstum ist deshalb teilweise auf Basiseffekte nach dem explosiven Wachstum im letzten Jahr zurückzuführen. Und auch in Europa stabilisierten sich die Wachstumsraten im zweiten Quartal im positiven Bereich.
  • Damit ist neben fallenden Inflationserwartungen und noch genügender Liquidität im System ein wichtiger Treiber für eine Fortsetzung der seit einiger Zeit laufenden Erholung an den Aktien- und Kreditmärkten gegeben. Allerdings hängt die weitere Entwicklung jetzt stark von der Geldpolitik der US-Notenbank ab. Die genannten positiven Faktoren werden zunehmend vom Liquiditätsentzug durch die Fed unterhöhlt.
  • Es findet deshalb ein zeitlich schwierig einzuschätzender „Wettlauf zwischen guten und bösen Kräften für die Finanzmärkte“ statt. Spätestens ab Oktober dürften aber die negativen Kräfte der Geldpolitik die Oberhand gewinnen, falls sich keine nennenswerte Änderung der US-Geldpolitik ergibt. Das Rezessionsrisiko steigt ab dann.
  • Die US-Zinskurve reflektiert das aktuelle Umfeld: Die Differenz 10-Jahre/3-Monate ist noch leicht steil und weist damit auf tiefe Rezessionsrisiken hin. 10-Jahre/2-Jahre ist dagegen invers und belegt abnehmende Inflationsgefahren sowie eine zu restriktive Geldpolitik.
  • Die langfristigen Zinsen dürften vorerst weiter moderat steigen. Das Aufwärtspotenzial ist aber wegen dem deflationären Impuls der US-Geldpolitik beschränkt. In Europa ist der Zinsdruck aufgrund einer höheren Inflationsdynamik stärker. Der US-Dollar hat Aufwind.
  • Wir bleiben beim Aktien- und Kreditmarktexposure neutral bis leicht defensiv positioniert und sehen nur sehr limitiertes Potenzial. Mittelfristig überwiegen die Risiken. Aufgrund des moderaten Zinsaufwärtsdrucks sind wir bei der Duration ebenfalls neutral bis leicht kürzer aufgestellt.

Themen auf dem Radar

Die Grafik zeigt den Verlauf der Bilanz der US-Notenbank seit dem Allzeithöchst im April dieses Jahres bei 8'965 Milliarden US-Dollar. Aktuell liegt der Wert rund 116 Milliarden tiefer. Die Fed ist damit verhältnismässig gut auf dem im Juni kommunizierten Zielkurs (50 Milliarden im Juni und dann schrittweise monatliche Erhöhung bis auf 95 Milliarden ab Oktober). Hoffnungen auf eine Pause des Bilanzabbaus (aufgrund der sich invertierenden US-Zinskurve) haben sich bisher nicht erfüllt.

Diese Reduktion entsteht durch Verkäufe von Staatsanleihenpositionen, welche die Fed im Rahmen der Quantitative-Easing-Programme aufgekauft hatte und entspricht einem direkten Entzug der zuvor zugeführten Liquidität im Finanzsystem. Parallel dazu werden die Fed Funds Zinsen erhöht, was zusätzlichen Gegenwind an den Finanzmärkten erzeugt.

Insgesamt ist die Fed damit ausserordentlich restriktiv. Der Bilanzabbau im letzten Straffungszyklus von 2017 bis 2019 war wesentlich moderater (15 bis 40 Milliarden pro Monat) und wurde nach relativ kurzer Zeit wieder abgebrochen, da die Zinskurve damals ebenfalls invertierte. Es entstehen damit spätestens ab Oktober grosse Gefahren für die Finanzmärkte, nicht nur in den USA. Das aktuell allgemein positive Umfeld kann noch eine Weile anhalten, wird aber immer stärker bedroht. Der Einfluss des Bilanzabbaus wird unserer Ansicht nach an den Märkten stark unterschätzt.

Chart: Die Fed ist zu restriktiv – Liquiditätsentzug über Abbau der Notenbankbilanz

Quelle   Federal Reserve Bank of St. Louis

Hinweise zu den Tabellen:

Hinweise zu den Tabellen: Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir die wichtigsten Anleihen jeder Region, z.B. Deutsche Bundesanleihen in Europa, sowie eine repräsentative Gruppe von Ländern jeweils in Lateinamerika, Asien ex-Japan und CEEMEA (Zentral- und Osteuropa, Naher Osten und Afrika).

Beat Thoma,
Chief Investment Officer

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