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FischView
Monatliches Update – September 2024
von Beat Thoma
Noch keine Trendwende in Sicht
Zusammenfassung
- Die Finanzmärkte werden typischerweise vorwiegend von Liquiditätsflüssen getrieben. Die Konjunkturentwicklung ist dagegen nachlaufend. Deshalb ist die aktuelle Debatte – Rezession ja oder nein – für die Aktienmärkte eigentlich irrelevant.
- Die Schwächesignale des US-Arbeitsmarktes in letzter Zeit waren deshalb nur der vordergründige Auslöser der hohen Marktvolatilität in den vergangenen Wochen, aber nicht der eigentliche Grund.
- Wesentlich bedeutsamer ist jedoch eine abnehmende Liquiditätsversorgung der Börsen auf globaler Ebene, was uns zu einer vorsichtigen Positionierung veranlasst.
Wirtschaftliche Gesamtsituation
Die Konjunktur und der Arbeitsmarkt in den USA kühlen weiter ab. Gleichzeitig bleibt der Konsum aufgrund nach wie vor solid steigender Einkommen und hoher Staatsausgaben noch widerstandsfähig. Eine Rezession ist vorerst nicht in Sicht. In Europa und China verläuft die konjunkturelle Entwicklung zwar auf einem wesentlich niedrigeren Niveau, aber ebenfalls noch nicht in einem rezessiven Bereich. Insgesamt wirken deshalb global moderat inflationsdämpfende Kräfte, die entsprechende Zinssenkungshoffnungen befeuern.
Aktuelle Entwicklungen: Konjunktur läuft Aktienmarkt nach
- Ein schwacher US-Arbeitsmarkt und der Anstieg der Arbeitslosenrate auf 4.3% löste an den globalen Aktienmärkten im August ein temporäres Beben aus. Gleichzeitig kam es aufgrund einer „Flucht in Qualität“ zu steigenden Staatsanleihenkursen und damit deutlich fallenden Zinsen.
- Da die Konjunktur und die Arbeitsmärkte aber den Aktienmärkten stets nachlaufen, können die schwachen Zahlen nicht der tiefere Grund für den Markteinbruch gewesen sein. Vielmehr werden die Börsen primär von Liquiditätsflüssen und Geldmengenveränderungen getrieben. Und hier kam es in den vergangenen Wochen und Monaten zu wichtigen Veränderungen, die das Fundament der hoch bewerteten Aktienmärkte zunehmend schwächen dürften.
- Bedeutsam sind hier aktuell drei gleichzeitig wirkende, stark liquiditätsmindernde Faktoren: Das Austrocknen der „Overnight Reverse Repo Facility” der Fed, die Auflösung des Yen-Carry-Trades (und damit globale Kapitalrückflüsse nach Japan) sowie der kontinuierliche Bilanzabbau der Fed und der EZB mit entsprechendem starkem Entzug von Liquidität aus dem Finanzsystem.
Einschätzung & Ausblick: Warn- aber keine Verkaufssignale
- Aufgrund abnehmender Liquiditätsflüsse in die Finanzmärkte nähern sich die globalen Aktienmärkte mit zunehmender Wahrscheinlichkeit einer Trendwende.
- Diese Einschätzung wird zusätzlich durch das Verhalten langfristiger Marktzyklen bestätigt: so sind in Hochphasen eine starke Performance der Sektoren Investitionsgüter und Versorgungsunternehmen sowie steigende Edelmetallpreise (insbesondere von Gold) typisch. Zudem sind die Bewertungen, insbesondere in den USA, ausserordentlich hoch: Der aussagekräftige „Buffet-Indikator“ (Wert des Aktienmarktes im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) ist nahe an einem historischen Höchst. Warren Buffet selbst bestätigt dies indirekt, man denke an die rekordhohe Bargeldquote in seinem Fonds und die Halbierung seiner Position in Apple-Aktien. Eine hohe Sorglosigkeit vieler Investoren (die Erwartung eines „Goldilocks-Szenarios“) runden die typischen Merkmale eines möglichen Markthochs ab.
- Allerdings steckt trotz abnehmenden neuen Liquiditätsflüssen absolut noch sehr viel Liquidität (geschöpft während der Pandemie bis April 2023) im System. Diese enormen Summen dürften noch für einige Zeit für Unterstützung sowohl der Aktien- und Kreditmärkte als auch der Konjunktur sorgen. Zudem hat die Fed soeben ihren Bilanzabbau gestoppt und die Bilanz sogar vorübergehend leicht erhöht. Dies dürfte eine vorübergehende Massnahme gewesen sein („Notfallliquidität“), um die hohe Marktvolatilität in der ersten Augusthälfte zu dämpfen. Deshalb ist an den Finanzmärkten im Moment noch keine Trendwende sichtbar, trotz hoher Volatilität.
- Trotzdem ist eine gewisse Vorsicht angebracht. Unabhängig von der vorübergehenden Fed-Notfallliquidität wird das QT in absehbarer Zeit weitergehen. Zudem bleibt die EZB auf Kurs und reduziert ihre Bilanz sogar noch stärker als die Fed (EUR 2400 Milliarden vs. Fed mit USD 1800 Milliarden seit dem Höchst im März 2023).
- Eine abkühlende Konjunktur und abnehmende Liquidität wirken deflationär und damit zinsdämpfend. Dementsprechend erscheint uns das Umfeld für Staatsanleihen weiterhin günstig.
Chart: Rekordhohe US-Aktienmarktbewertungen
Positionierung: Neutrale bis leicht positive Positionierung
- Beim Aktienexposure sind wir kurzfristig neutral bis leicht positiv positioniert aufgrund der immer noch hohen Liquidität. Mittelfristig bestehen zunehmende Warnsignale, da die Liquiditätsflüsse abnehmen, die Bewertungen hoch sind und sich der langfristige Marktzyklus mit grosser Wahrscheinlichkeit in einer Hochphase befindet.
- Bei Investment-Grade-Anleihen bleiben wir neutral bis leicht defensiv positioniert. Die Risikoprämien sind auf historisch tiefen Levels, jedoch ist das Momentum weiterhin positiv und die Nachfrage hoch. Bei High-Yield-Anleihen gleichen gestiegene Quartalsgewinne der Schuldner (sowohl in den USA als auch Europa), ein positiver Ratingtrend sowie steigende Zuflüsse die makroökonomischen Risiken am Horizont derzeit noch aus, was in einer neutralen Positionierung resultiert.
- Im aktuellen Umfeld würden wir aufgrund des interessanten asymmetrischen Chancen-/Risikoprofils bereits jetzt von Aktien in Wandelanleihen umschichten. Zudem fokussieren wir uns bei Unternehmensanleihen auf Schuldner mit solider Bonität (auch im High-Yield-Segment).
- Aufgrund einer sich abkühlenden globalen Konjunktur, gleichzeitig rückläufiger Inflation und damit Zinssenkungspotenzial der Zentralbanken besteht ein günstiges Umfeld für langfristige Staatsanleihen. Deshalb kann die Duration neutral bis leicht höher gewählt werden. Allerdings kann die enorme Zunahme der US-Staatsverschuldung den Rückgang der langfristen US-Zinsen behindern oder sogar umkehren – insbesondere auch im Fall eines schwächeren US-Dollars.
Zusammenfassung der FischView Modellergebnisse
USA | Europa | Japan | Asien ex-Japan | LatAm | CEEMA | Legende | |||
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Renditetreiber | |||||||||
Aktien |
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Staatsanleihen |
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Credit Inv. Grade (Spreads) |
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Credit High Yield (Spreads) |
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Gesamtrendite | |||||||||
Wandelanleihen |
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Credit Inv. Grade | |||||||||
Credit High Yield | |||||||||
Rohstoffe | Energie: | Edelmetalle: | Indu. Met: |
Hinweise zu den Tabellen:
Hinweise zu den Tabellen: Die Tabelle fasst die Modellergebnisse für die Gesamtrendite von Wandelanleihen und Credit Investment Grade sowie High Yield zusammen, welche eine Funktion der aufgelisteten Renditetreiber sind. Änderungen zum Vormonat werden durch ↓ oder ↑ angezeigt. Z.B. bedeutet “O ↓”, dass das Feld im Vormonat mit “+” oder „++“ belegt war. Die genaue Methodologie, d.h. wie die Modellergebnisse berechnet werden und wie die verschiedenen Einzelelemente zur Gesamtsicht beitragen, wird hier erklärt. Bei den Staatsanleihen berücksichtigen wir für Europa deutsche Bundesanleihen.
Anlageklassen-Präferenzen
Diese Tabelle kombiniert Top-Down-Perspektiven mit Bottom-Up-Analysen auf Portfolioebene.
Most preferred | Least preferred | |
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Wandelanleihen |
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Global Corporates IG |
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Global Corporates |
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Global High Yield |
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Emerging Market Corporates – Defensiv |
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Emerging Market Corporates – Opportunistisch, Dynamisch |
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Hinweis: Die bevorzugten bzw. am wenigsten bevorzugten Sektoren können sich je nach Anlageklasse aufgrund ihrer jeweiligen Performancetreiber unterscheiden. Insbesondere ist bei Wandelanleihen das Equity Exposure ein Schlüsselfaktor für die Wertentwicklung, während dieser Faktor für Unternehmensanleihen keine Relevanz besitzt.
Auf dem Radar: Der Yen-Carry-Trade bricht zusammen
Die japanische Zentralbank (BoJ) wurde aufgrund eines zunehmend schwachen Yen und steigender Inflation im Inland bereits vor einiger Zeit gezwungen, ihre ultra-lockere Geldpolitik zu straffen. Die jüngste Anhebung des Leitzinsen Ende Juli war zwar erneut mit 0.15% nur marginal, aber dennoch höher als von den Märkten erwartet.
Gleichzeitig wurden aber weitere Zinsschritte angekündigt sowie der Fahrplan für die Reduktion des massiven Quantitative Easing-Programms bekannt gegeben. Trotz dieser insgesamt nur moderaten Straffung der Geldpolitik hat der Yen deutlich aufgewertet, was viele Anleger zwang, den seit Jahren aufgebauten Yen-Carry-Trade aufzulösen.
Bei einem Yen-Carry-Trade nimmt der Investor einen Yen-Kredit zu sehr tiefen (oder sogar negativen) Zinsen auf, und investiert das Geld z.B. in amerikanische oder europäische Anleihen sowie Aktien. Damit kann eine Zinsdifferenz von drei bis fünf Prozentpunkten kassiert werden. Gleichzeitig führen die gigantischen Summen der Carry-Trade-Transaktionen zu einem Kursanstieg des Dollars und Euros gegenüber dem Yen und damit zusätzlichen riesigen Währungsprofiten. Gleichzeitig führte dieser Yen-Carry-Trade zu einem entsprechend riesigen Kapitalfluss aus Japan an die globalen Finanzmärkte. Das von der BoJ gedruckte Geld schwappte dadurch in die ganze Welt. Die monetäre Straffung der BoJ vermindert nun aber die Attraktivität des Carry-Trades. Die Zinsdifferenz wird kleiner und es drohen Kursverluste bei einem wieder steigenden Yen.
Deshalb kam es fast zwangsläufig zu einer panikartigen Auflösung vieler der offenen Positionen mit massiven Verkäufen von Dollar- und Eurowertpapieren sowie einem massiven Anstieg des Yen. Und der dadurch ausgelöste globale Kapitalrückfluss nach Japan führt zudem zum Versiegen einer seit Jahren sprudelnden riesigen Liquiditätsquelle für die Börsen.
Chart: Die Bank of Japan erhöht die Leitzinsen
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